Soziales

Situation wohnungsloser Menschen in Sachsen verschärft sich

12. September 2013 - 22:56 Uhr

Die Zahl der beratungssuchenden wohnungslosen Menschen in Sachsen steigt weiter an. Wie die Diakonie heute berichtet, seien im vergangenen Jahr insgesamt 2.364 Menschen in den zehn Beratungsstellen der evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsens beraten und unterstützt worden. Dies bedeutet einen erneuten Anstieg gegenüber 2011, als 2.231 Menschen die Beratungsstellen aufgesucht hatten. Die Zahl der davon ebenfalls betroffenen Kinder stieg von 373 auf 461. Rotraud Kießling, die zuständige Referentin bei der Diakonie Sachsen wies darauf hin, dass sich seit dem Beginn der Statistik im Jahr 2005 die Fallzahlen stetig erhöht haben. Mit 940 lag 2012 die Zahl der betreuten Personen in Dresden am Höchsten. Obwohl nachweislich der Bedarf besteht, gibt es aktuell in Ostsachsen, der Sächsischen Schweiz-Osterzgebirge sowie in Nordsachsen und im Leipziger Umland keine Hilfeangebote.

Ein weiterer Beleg für die wachsenden Probleme ist neben dem hohen Anteil (50%) der Betroffenen, die bereits seit längerer Zeit wohnungslos sind und dem steigenden Zahl von betroffenen Frauen (34%) vor allem der überdurchschnittlich hohe Anteil gerade junger Menschen unter 25 Jahren (18%). Wohnungslosigkeit sollte jedoch nicht isoliert betrachtet werden, sondern geht einher mit einer Vielzahl von weiteren Problemfeldern wie Arbeitslosigkeit, Krankheit, wirtschaftlichen Problemen, Sucht, sozialer Isolation und nicht zuletzt auch sozialer Diskriminierung. Aus diesem Grund konnten im vergangenen Jahr lediglich 64% der Beratungen abgeschlossen werden.

Das erklärte Ziel der professionellen Beratungsangebote in der Wohnungslosenhilfe ist es, den betroffenen Personen ein eigenständiges Leben zu ermöglichen. Dazu werden wohnungslose Menschen nicht nur von den Kontakt- und Beratungsstellen intensiv begleitet, sondern bekommen darüber hinaus auch die Möglichkeit, in den insgesamt 476 bei der Diakonie zur Verfügung stehenden Plätzen des ambulant und stationär betreuten Wohnens zumindest vorübergehend eine Unterkunft zu finden. „Die Gefährdung der Wohnung“, so Kießling, „ist eine extrem verunsichernde Situation und gefährdet die Existenz grundsätzlich“. Der Verlust der Wohnung bedeutet dabei nicht nur, dass damit Schutzraum und Privatsphäre, sondern auch ein Großteil des Besitzes verloren gehen.

Zu den größten Gefahren gehört nach wie vor der Bezug von finanzieller Unterstützung nach SGB-II, in der die Grundsicherung nach Hartz IV für Arbeitsuchende gesetzlich geregelt ist. Eine ausbleibende Gewährung der Grundsicherung und der Unterkunftskosten, die häufig nicht der tatsächlich notwendigen Kosten entsprechen, gehören zu den Gründen, weshalb Menschen ihre Wohnung und damit ihre einzige Rückzugsmöglichkeit verlieren. Kießling richtet ihren Appell an die Kommunen und Landkreise im Freistaat, die sich auf ihre wohnungspolitische Verantwortung besinnen und ausreichend Sozialwohnungen zur Verfügung stellen sollten.

Wohnungslosigkeit sei kein Beleg für „individuelles Versagen“, sondern Ergebnis „eines stetigen Verarmungsprozesses ohne ausreichenden Zugang zu unterstützenden und tragenden Ressourcen“. Vielmehr müssten bestimmte gesellschaftliche Rahmenbedingungen verändert und bestehende Unzulänglichkeiten in der Gesetzgebung und Rechtspraxis abgestellt werden. Um in Zukunft möglichst frühzeitig Ursachen von Armut sowie Wohnungslosigkeit zu erkennen und wirksame Maßnahmen ergreifen zu können, setzt sich Kießling abschließend für die Wiederaufnahme einer Sozialberichterstattung in Sachsen und die Einführung einer bundesweiten Statistik zu Wohnungslosigkeit ein.

Die Diakonie verfügt in Sachsen über ein Netzwerk aus 29 Einrichtungen mit unterschiedlichen sowohl professionellen als auch niedrig schwelligen Angeboten für wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen. Zu den in sieben Landkreisen und Kommunen vorhandenen Kontakt- und Beratungsstellen gehören außerdem sechs Tagestreffs und zwei aufsuchende Straßensozialarbeitsprojekte in Freiberg und Chemnitz. Die sechs nur durch ehrenamtliche Unterstützung geöffneten Tagestreffs bieten täglich bis zu 40 wohnungslosen Menschen Schutz vor Witterung und Gewalt, sichern Ernährung sowie Hygiene und ermöglichen den Zugang zu Medien.


Veröffentlicht am 12. September 2013 um 22:56 Uhr von Redaktion in Soziales

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