Ökologie

Autowahn 4? Protest gegen Autobahn-Ausbau

1. Juni 2021 - 20:03 Uhr - Eine Ergänzung

Stilisierte Silouetten von Radfahrer*innen auf der Autobahn

Für den 6. Juni 2021 rufen Ende Gelände und Fridays for Future zur Fahrraddemo auf der Autobahn 4 auf. Die Demonstration findet im Rahmen des Aktionstages „Wald statt Asphalt“ statt und richtet sich gegen den geplanten Ausbau der Autobahn zwischen dem Dreieck Nossen und Bautzen-Ost. Derzeit laufen die Grundlagenplanungen für den Ausbau der Strecke von 86 km Länge. Für das Vorhaben werden derzeit Kosten in einer Höhe von ca. 1,3 Milliarden Euro veranschlagt.

Die Demonstration hingegen fordert den Stopp des Autobahnausbaus und eine sozial- und klimagerechte Mobilitätswende. Treffpunkt für die Demonstration ist der Bahnhof Neustadt. Um 13:30 Uhr soll die Fahrraddemonstration mit Musik und Hygienekonzept losrollen. Ende Gelände erklärte zum Hintergrund der Aktion, nicht länger auf eine Verkehrswende warten zu wollen. Stattdessen werde am kommenden Sonntag versucht, „gemeinsam mit so vielen Fahrrädern wie möglich die Autobahn aus[zu]bremsen“. Der anhaltende Ausbau des Autobahnnetzes schädige die Umwelt.

Den Ausbau der A4 hatte das SPD-geführte Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) bereits 2019 beim Bund beantragt. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) stimmte dem Ausbau noch im gleichen Jahr zu. Die zu planenden Eingriffe in die Landschaft werden enorm sein. Zwischen den Autobahndreiecken Nossen und Dresden-Nord ist ein achtstreifiger Ausbau geplant, bis Bautzen-Ost soll die Autobahn auf bis zu sechs Streifen erweitert werden. Im Abschnitt Dresden ist das nur mit umfangreiche Waldrodungen im Landschaftsschutzgebiet Dresdner Heide zu realisieren. Als Grund für den Ausbau verweist die Sächsische Staatsregierung auf die steigende Auslastung der Strecke.

Ob der Ausbau zu einer Verbesserung des Verkehrsflusses führt, ist allerdings zweifelhaft. Durch zahlreiche Studien ist der Effekt der induzierten Nachfrage bestens belegt. Wer sich nach dem Ausbau auf mehr Platz auf der Autobahn freut, wird voraussichtlich enttäuscht werden. Mit dem Ausbau der A4 wird auch der Verkehr so stark anwachsen, dass die Autobahn trotz neuer Spuren bald wieder maximal ausgelastet sein wird. Weder würden die erhofften Vorteile für die Verkehrssicherheit entstehen, noch kommt irgendwer schneller von A nach B. Vielmehr wären die Auswirkungen auf die Umwelt enorm: Mehr Feinstaub, mehr Abgase und mehr Lärm sowie mehr versiegelter Boden.

Die Verkehrszunahme auf der A4 wird stark durch den Schwerlastverkehr angetrieben. Bis zu 42 Prozent aller Fahrzeuge sind LKW. Eine klima- und sozialgerechte Verkehrspolitik sollte den Trend zu mehr Straßenschwerlastverkehr umkehren und nicht fördern. Die Auslastung der LKWs in Deutschland liegt bei Fahrten mit Ladung bei kaum mehr als 56 Prozent. Mehr als jeder dritte LKW ist letztlich leer unterwegs. Möglich macht das die Subventionierung des Straßenverkehrs durch niedrige Dieselsteuern und eine geringe Maut. Hinzu kommt, dass die Arbeitsbedingungen gerade im grenzüberschreitenden Verkehr miserabel sind. Fahrer:innen vor allem aus den südost- und osteuropäischen Ländern fahren für die niedrigen Mindestlöhne ihrer Herkunftsländer im Auftrag der deutschen Industrie quer durch Europa. Die spart sich so nicht nur die Zahlung von Tariflöhnen, sondern auch die kostspieligere Lagerhaltung. Der nun forcierte A4-Ausbau erweitert die billigen, mobilen Lagermöglichkeiten um die nächsten zwei Spuren – finanziert von der Allgemeinheit.

Jedoch muss der Ausbau kein Automatismus sein. Die benötigten Flächen für die Erweiterung der A4 gehören derzeit nicht dem Bund und müssen ggf. angekauft werden. Es scheint also lohnenswert, an der gesamte 86 km-Ausbaustrecke nach Bündnispartner:innen zu suchen. Dann könnte der Bund immer noch enteignen.  Pardoxerweise eine Praxis, die das unionsgeführte Bundesverkehrsministerium wenn es um Autobahnen geht, ausgiebig nutzt und besonders oft in Sachsen. Aber diese Prozesse kosten Zeit. Zudem kann Dresden auf eine widerständige Geschichte in Sachen Autobahnausbau blicken. Schon von 1997 bis 1999 protestierten zahlreiche Menschen mit einem Hüttendorf gegen den Bau der Autobahn A17. Das Camp war im April 1999 durch Spezialeinheiten der Polizei geräumt worden. Sehr effizient gingen die Aktivist:innen der „Aktion Autofrei“ im November 2020 zu Werke: Durch eine Abseilaktion wurde die A4 für 5 Stunden blockiert, ein Stau in einer Länge von 20 Kilometern war die Folge.


Veröffentlicht am 1. Juni 2021 um 20:03 Uhr von Redaktion in Ökologie

Ergänzungen

  • Danke für den Artikel.

    Mir ist gerade noch nicht klar, an welchen Stellen in der Dresdner Heide gerodet werden soll und habe dazu in Plänen der DEGES auch nichts dazu finden können. Könnt Ihr einen tieferen Einblick geben?

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