Soziales

Sorgt dafür, dass uns niemand übersehen kann! – Interview mit dem F*Streik Bündnis

27. Februar 2020 - 12:44 Uhr

Zum zweiten Mal ist es in Dresden das F*Streik-Netzwerk, da sich rund um den Frauenkampftag am 8.März organisiert. Wir haben mit zwei Aktivistinnen gesprochen, die auch in diesem Jahr wieder im Netzwerk aktiv sind.

Was erwartet uns rund um den 8. März 2020?

Dieses Jahr erwartet uns in Dresden zunächst einmal eine Veranstaltungsreihe. Die setzt sich aus vielen verschiedenen Formaten zusammen. Es wird mehrere Lesungen geben. So fragt Dania Alasti mit einem geschichtlichen Einstieg: Welche Rolle haben Frauen in Revolutionen gespielt? Wie lassen sich Revolutionen auch weiblich denken und nachvollziehen? Weiter beschäftigt sich Bini Adamczak mit alternativen Streikformen zum klassischen Bestreiken von Lohnarbeit. Und es gibt auch ganz viel Kunst dieses Jahr, was sehr schön ist. Es wird eine Videoinstallation in der kosmotique geben, die Aria Fermata. Und in der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) findet eine ganze Aktionswoche um den 8. 3. herum statt. Außerdem gibt es eine Ausstellung im FrauenBildungsHaus Dresden mit Fotos, die letztes Jahr bei einem Streikcafé in der kosmotique entstanden sind.

Wer ist das F*Streik-Netzwerk? Welche Leute sind hier in Dresden aktiv und organisieren das?

Das F*Streik-Netzwerk ist letztes Jahr aus losen Zusammenhängen entstanden. Es besteht aus vielen Einzelpersonen, aber auch aus Gruppen, die in Dresden feministisch aktiv sind, teilweise auch ohne Feminismus zwangsweise als zentrales Thema zu haben. Im Netzwerk sind Gruppen wie das Internationalistische Zentrum (IZ), e*vibes, die kosmotique, die FAU, aber auch Hochschulgruppen (TU, HfBK, EHS) und das Frauen*bildungszentrum. All diese Gruppen haben sich dieses Jahr erneut zusammengetan, um die Veranstaltungsreihe zu organisieren. Sie funktionieren relativ eigenständig und planen ihre eigenen Aktionen zum 8. März. Das Netzwerk diente – so die Idee am Anfang – dazu, sich abzustimmen, zu wissen, was wer macht und wo vielleicht gemeinsame Aktionen geplant werden können.

Letztes Jahr war das Netzwerk auch an eine bundesweite Struktur angedockt. Ist das dieses Jahr auch wieder der Fall?

Wir sind insofern Teil einer bundesweiten Struktur, als dass wir Infos bekommen und prinzipiell auch immer mal zu den bundesweiten Treffen gefahren sind, um uns auszutauschen. Weil in Deutschland aber unheimlich viele unterschiedliche Ortsgruppen aktiv sind, ist die Zusammenarbeit nicht wahnsinnig nah – es geht aktuell mehr darum, voneinander zu wissen. Regional gibt es aber eine engere Vernetzung, so gibt es zum Beispiel einen Austausch mit Pirna. Dort ist zum 8. März eine Demonstration geplant. Außerdem gab es in diesem Jahr schon ein Treffen mit anderen Ortsgruppen, zum Beispiel aus Leipzig und Chemnitz. 

Das Motto von diesem Jahr ist „DIE STREIK(T) …und du?“Letztes Jahr gab es diverse Aktionen am 8. März, bei denen auch zum Streik aufgerufen wurde. Wie sind die politischen Diskussionen innerhalb des Netzwerkes um das Thema Streik?

Zunächst einmal ist der 8. März dieses Jahr ein Sonntag. Das hat relativ rege Diskussionen ausgelöst: Was macht wir eigentlich an einem Sonntag? Sind wir schon so weit, bestimmte Berufsgruppen, die auch Sonntags arbeiten, zu organisieren? Das sind wir wohl nicht… Sollten aus diesem Grund die Aktionen auf Freitag oder Montag verlegt werden? Wahrscheinlich wird es letztlich Freitag und Sonntag eher dezentrale und voneinander losgekoppelte Aktionen geben, die jeweils unterschiedliche Foki haben. Was wir dieses Jahr auf jeden Fall auch wieder machen werden, ist, das Thema Streik an dem Tag selbst im Gespräch zu halten. Es wird mindestens ein Streikcafé in Dresden geben, welches dazu dienen soll, gemeinsam über bestimmte Fragen ins Gespräch zu kommen: Wie arbeiten wir eigentlich, was wollen wir eigentlich bestreiken, warum müssen wir streiken? Was sind unsere Gründe dafür? Das wollen wir auch ins Stadtbild zu tragen.

Und vielleicht noch ergänzend: Bei der Diskussion um den Sonntag ging es natürlich auch darum, dass es bestimmte Berufsgruppen und den Bereich der Haus- und Sorgearbeit gibt, wo sonntags immer gearbeitet werden muss. Wenn wir auch keine Organisierung dieser Berufsgruppen aus dem Boden stampfen können, macht es doch Sinn, dieses Thema aufzugreifen. Das thematisieren wir auch im Rahmen einer Veranstaltung – und zwar in der Lesung mit Luise Meier, wo es um „fuck up“ und „unwork“ als mögliche Streikformen geht. Eine weitere Möglichkeit, was am Sonntag gemacht werden kann: Sich den privaten Bereich anschauen und sich fragen: Wie könnten wir die dortigen Arbeiten sinnvoll bestreiken? Bin ich die Einzige, die die ganze Zeit den Haushalt organisiert und Care-Arbeit leistet? Ich muss nicht nur Lohnarbeit bestreiken, ich kann auch das bestreiken und all diese Dinge bewusst nicht tun.

Das heißt, ich kann bei mir und meinem Umfeld Bewusstwerdungsprozesse auslösen. Ganz konkret kann ich aber auch am 8. März in die HfBk gehen. Dort findet ein Frühstück im Rahmen der Aktionswoche statt. Sind schon andere Termine am 8.3. klar?

Das Frühstück findet von 11 bis 15 Uhr in der HfBK (Brühlsche Terrasse) statt. Es dient zum einen dem Austausch und zum anderen dem gemeinsamen Transpi-malen. Andere Gruppen sind noch über mögliche weitere Streikcafés im Gespräch, da steht aber noch nichts Genaueres fest. Ich verweise an dieser Stelle gerne auf unsere Homepage (www.f-streikdresden.de)und unser Facebookseite.

Am besten ist es natürlich, selbst etwas zu tun. Alle sind herzlich eingeladen und dazu aufgerufen, selbst Streikcafés zu organisieren. Sie dienen vor allem als Raum, um über Dinge zu sprechen, für die sonst wenig Platz ist, die uns normal oder alltäglich erscheinen. Es ist nicht sehr voraussetzungsvoll, ein Streikcafé zu organisieren. Es könnten auch Menschen eingeladen werden, diese Cafés mit Essen zu versorgen, die das normalerweise nicht so oft tun, zum Beispiel Männer*. Letztes Jahr haben einige Männer* damit und mit der Kinderbetreuung geholfen. Darüber freuen wir uns auch dieses Jahr.

Feminismus ist ja kein Thema für einen Tag, sondern fürs ganze Jahr, und in Dresden tut sich da ja sehr viel in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen. Vielleicht könnt ihr noch einen Ausblick wagen: Was für einen Impuls setzt der F*Streik für Feminismus in Dresden?

Meine Hoffnung ist, dass durch die vielen unterschiedlichen Gruppen mit den vielen verschiedenen Schwerpunkten auch die Impulse wiederum sehr unterschiedlich sein werden. Die Aktionswoche an der HfBK macht zum Beispiel den Zusammenhang zwischen Sexismus und Arbeit zum Thema. Das ist auf jeden Fall ein sehr wichtiges Feld, welches auch im vergangenen Jahr stark vom Streikmobil der Schwarzen Rose aufgegriffen wurde. Die Schwarze Rose ist eine Schüler_innengewerkschaft, die sich unter anderem mit Sexismus in Schule und Ausbildung beschäftigt. Das sind Stellen, wo es sonst extrem wenig Selbstorganisation und Unterstützung gibt. Es wäre sehr wünschenswert, eine größere Debatte unter Azubis und Schülis anzustoßen und sie zu ermutigen, sich selber zu organisieren.

Außerdem beteiligt sich dieses Jahr auch eine Gruppe von Sozialpädagog*innen, was vielleicht der Anfang einer Branchenorganisierung sein könnte. Diese Gruppe will am 17.3., dem Internationalen Tag der Sozialen Arbeit (der in diesem Jahr auch gleichzeitig der equal pay day ist), an die Öffentlichkeit gehen. Wir hoffen, dass daraus etwas entsteht und wir weiter in Verbindung bleiben. 

Abschließend lässt sich sagen: es passiert eine Menge, es gibt eine fette Veranstaltungsreihe an der teilgenommen und konsumiert werden kann, in erster Linie aber geht es darum, das Heft selbst in die Hand zu nehmen und sich mit Freund*innen und Kolleg*innen zu organisieren. An dieser Stelle auch nochmal der Aufruf: Malt Transpis, hängt sie aus den Fenstern, macht die Stadt bunt (oder lila) an diesem Tag und sorgt dafür, dass uns niemand übersehen kann!


Veröffentlicht am 27. Februar 2020 um 12:44 Uhr von Redaktion in Soziales

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