Soziales

Mit Adbusting gegen schlechte Arbeitsbedingungen bei Gorillas

18. August 2021 - 15:22 Uhr

Während in verschiedenen Städten am vergangenen Freitag Demonstrationen gegen die Fahrradkurierunternehmen Lieferando und Gorillas stattfanden, wurden in der Sächsischen Landeshauptstadt mehrere Plakate des neuen Lieferunternehmens Gorillas mit Streikaufrufen verändert und das Türschloss zweier Dresdner Filialen verklebt. Anlass war der bundesweite Aktionstag der „Aktion gegen Arbeitsunrecht“ unter dem Motto „#Freitag13 gegen Horror-Jobs“. Als Erfolg des Aktionstages steht die Ankündigung Lieferandos, über 10.000 Fahrer:innen künftig eine Festbeschäftigung bieten zu wollen. 

Seit mehreren Wochen sind die Plakate des erst im Mai 2020 gegründeten Lieferunternehmens an großflächigen Werbetafeln im Stadtbild von Dresden zu sehen. Mit hippen und markigen Sprüchen soll die Unternehmensidee, innerhalb von zehn Minuten zu Supermarktpreisen Produkte nach Hause zu liefern, an die Kund:innen gebracht werden. Waren vor allem Berlin und Hamburg die Hauptstandorte von Gorilla, eröffnete das Unternehmen in Dresden neben Blasewitz und der Innenstadt Ende Juli in der Äußeren Neustadt bereits ihren dritten Stadtort.

Wer jedoch am vergangenen Wochenende die Plakate des Unternehmens sah, wird verwundert festgestellt haben, dass viele von ihnen mit Aufrufen zum Streiken und einer besseren Bezahlung der Arbeitskräfte verändert wurden. „Gorilla – Gorilla – Streik – Streik“ oder „Pay the Workers“, ist nun auf den Werbeflächen zu lesen. Das stark expandierende Unternehmen steht seit der Gründung in der Kritik, ihren Mitarbeiter:innen schlechte Arbeitsbedingungen zu bieten, niedrigen Lohn zu zahlen und sie per App zu überwachen. Befristung und die Anstellung über Zeitarbeitsfirmen gehört für die Arbeiter:innen bei Gorillas Normalität.

Damit wollen sich viele nicht abfinden. Im Februar brach nach einer Entlassung in Berlin eine Vielzahl von wilden Streiks aus. Da große Gewerkschaften in der Kurierbranche kaum vertreten sind, haben sich die Mitarbeiter:innen selbstständig organisiert und das „Gorillas Workers Collective“ gegründet. Mehrmals blockierten die sogenannten „Riders“ zu Jahresbeginn Filialen in Berlin. Kernforderungen sind einen bessere Erreichbarkeit des Unternehmens, welches zur Zeit für die Angestellten nur per Mail zu erreichen ist, eine Reduzierung des Gewichts der Lieferungen, weniger Zeitdruck und Möglichkeiten zur Gründung von Betriebsräten.

Unterstützung bekommen des Forderungen nun auch von der Organisation „Aktion gegen Arbeitsunrecht“, welche am Freitag erneut den bundesweiten Aktionstag gegen „schikanöse Unternehmen und  Betriebsratsfresser“ veranstaltete. Richteten sich im letzten Jahr die Aktionen vor allem gegen das Unternehmen Starbucks, standen in diesem Jahr die Fahrradkurierunternehmen Lieferando und Gorillas im Fokus. In neun Städten veranstalteten lokale Fahrradkuriere gemeinsam mit der Freien Arbeiter*innen Union (FAU) und der Industrial Workers of the World (IWW) Demonstrationen. Neben Dresden kam es in weiteren Städten zu Adbusting-Aktionen. Wie in Berlin, wurden auch in Blasewitz und der Innenstadt die Schlösser der Warenhauses von Gorillas verklebt.

Das Arbeitskämpfe und Aktionen im Rahmen des #freitag13 Erfolg haben können, zeigt die Nachricht des Kurierdienstes Lieferando. Dieser erklärte am Morgen des 13. Augusts, ab sofort unbefristete Arbeitsverträge anbieten zu wollen. „Die Aktion gegen Arbeitsunrecht gratuliert allen Lieferando-Ridern, den aktiven Betriebsräten im Unternehmen und ihren Unterstützer_innen zu diesem Erfolg!“, heißt es dazu auf der Seite der #Freitag13 Kampagnenseite. Es gelte jedoch nicht nachzulassen und die weiteren Forderungen umzusetzen, erklärte die „Aktion gegen Arbeitsunrecht“ weiter. 

Ob die Arbeitskämpfe und das Einlenken von Lieferando auch Einfluss auf die Firmenpolitik von Gorillas haben wird, ist allerdings offen. Bisher heißt es als Reaktion auf die wilden Streiks lediglich, dass das Unternehmen einen „Maßnahmenplan“ für Fahrradkuriere umsetzen will und dazu erste Schritte zu einer „Verbesserung der Arbeitsabläufe“ eingeleitet hätte. Im Unterschied zu Lieferando zeichnet sich bei Gorillas zumindest die Gründung von Betriebsräten ab.

Das Unternehmen selbst beschäftigt nach eigenen Angaben aktuell knapp 10.000 Mitarbeiter:innen. Neben Gorillas existiert in Deutschland nur noch das Unternehmen Flink als Lieferdienst für Supermarktprodukte welches mit der Rewe-Group zusammenarbeitet und erst kürzlich mit einer 200 Millionen Euro Anschubfinanzierung durch Prosus, dem Staatsfonds Mubadala (Abu Dhabi) und dem US-Investor Bond (Airbnb, Uber) bedacht wurde.


Veröffentlicht am 18. August 2021 um 15:22 Uhr von Redaktion in Soziales

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