Soziales

(K)ein Ende im Bürgermeister:innenstreit in Dresden?

21. Februar 2023 - 14:54 Uhr

Schon seit Mitte des vergangenen Jahres tobt im Dresdner Stadtrat eine heftige Auseinandersetzung um die Neuwahlen der Beigeordneten. In der letzten Sitzung des Dresdner Stadtrats am 26. Januar scheiterte erneut ein Lösungsversuch durch eine eingesetzte Schlichtungskommission. Die Stadtpolitik tritt weiter auf der Stelle, lediglich die linke Dissidenten-Fraktion konnte einen kleinen Erfolg verbuchen. 

Beigeordnete sind ständige Verteter:innen der Oberbürgermeister:innen (OB) in Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohner:innen. Nach der letzten OB-Wahl im Juni und Juli 2022, welche der für den Verein Unabhängige Bürger für Dresden angetretene Kandidat Dirk Hilbert für sich entscheiden konnte, war auch die Neubesetzung von fünf der sieben Beigeordneten fällig. Laut der Sächsischen Landkreisordnung sind für Städte mit mehr als 400.000 Einwohner:innen bis zu sieben solcher Mandate vorgesehen. Ihre Geschäftsbereiche sollen im Einvernehmen zwischen Bürgermeister:in und Stadtrat abgestimmt werden. Sollte ein Einvernehmen nicht zu Stande kommen, hat der Stadtrat die Möglichkeit, den:die Oberbürgermeister:in mit einer Zweidrittel-Mehrheit zu überstimmen. Bisher gab es in Dresden die Geschäftsbereiche Finanzen, Bildung, Ordnung, Kultur, Soziales, Bau und Umwelt.  

Der Oberbürgermeister blinkt rechts

Nach seiner erfolgreichen Wiederwahl im Juli 2022, schlug der OB Hilbert eine Neuregelung der Geschäftsbereiche der Beigeordneten vor, die vorsah, dem OB das Finanzressort zu übergeben und die Zahl der Geschäftsbereiche auf sechs zu reduzieren. Dem vom Stadtrat gewählten Kandidaten der SPD für das Finanzressort, Peter Lames, verweigerte Hilbert dagegen seine Zustimmung. Gegen beides regte sich im Stadtrat von allen Seiten heftiger Widerspruch. Im mit acht Fraktionen sehr heterogenen Dresdner Stadtrat, fand sich im Anschluss über Monate keine Lösung für die Wahl der Beigeordneten. Lediglich zwei Posten, Bildung und Bau, blieben besetzt und sollten eine Vertretung der anderen Bereiche organisieren.

Es folgte ein undurchsichtiger und für Außenstehende kaum zu begreifender Schlagabtausch zwischen den verschiedenen Fraktionen. Dabei dreht sich der Streit einerseits um die Vergabe der Ämter. Im Vorfeld der Wahl galt als abgemacht, dass ein breites Bündnis aus CDU, FDP, SPD, Grünen und Linken die Vorhaben des OB stützen würden, solange dieser die Fraktionsinteressen bei der Ämtervergabe wahren würde. „Altgediente“ Personalien wie Eva Jähningen (Grüne), von 2015-2022 Beigeordnete für Umwelt, und Peter Lames (SPD), 2015-2022 Beigeordneter für Finanzen, galten als sicher.

Andererseits geht mit der Ämtervergabe natürlich auch eine inhaltliche Ausrichtung einher, da die Beigeordneten eine Schnittstellenfunktion zwischen dem Stadtrat und der Verwaltung einnehmen sollen. Beispielsweise hat das Finanzressort bei der Freigabe von Geldern für politische Vorhaben – brandaktuell wäre da der Klimaschutz zu nennen – eine gewichtige Aufgabe. Abhängig von der Besetzung, kann sich natürlich die Bereitschaft ändern, für Vorhaben Gelder zu aquirieren und frei zu geben. 

Zunächst sah es so aus, als ob der OB gemeinsam mit Freien Wählern, CDU und sogar der AfD auf die Durchsetzung seiner eigenen Vorstellung dringen wollte. Nachdem er den Kandidaten der SPD blockiert und die Partei damit pikiert hatte, blieb ihm für eine Mehrheit im Stadtrat letztlich nur, die Unterstützung des rechten Flügels zu suchen. Doch selbst Hilbert dürfte gewusst haben, dass die Dresdner CDU keine gemeinsame Sache mit Faschist:innen wie Susanne Dagen (Freie Wähler) oder Silke Schöps (AfD) machen könnte, ohne damit einen unvermeidbaren bundesweiten Eklat zu provozieren. Aber über den Streitigkeiten zerbrach die Einheit von Rot, Rot, Grün und der CDU. 

Eine Recherche zur Fraktion Freie Wähler im Staddrat

Wahlgänge und Schlichtungsversuch scheitern

Über mehrere Sitzungen des Stadtrats hinweg war keine Wahl der Beigeordneten möglich. Letztlich musste eine Schlichtungskommission aus der ehemaligen Bundessprecherin der Grünen, Gunda Röstel, und dem ehemaligen Bundesinnenminister Thomas de Mazière eingesetzt werden, welche vermitteln sollte. So kam ein Abkommen zwischen den Grünen, der Linken, der CDU und der Dissidenten-Fraktion zustande. Die SPD-Fraktion verkündete hingegen, für eine Zusammenarbeit mit dem OB nicht mehr zu Verfügung zu stehen.

Screenshot aus dem Schlichtungsvorschlag

Die Mehrheit für dieses Abkommen war äußerst knapp. Allein, dass man auf die vier Stimmen der Dissidenten-Fraktion angewiesen war, belegt das. Als Preis hatten die Dissidenten um den ehemaligen Grünen Landtagsabgeordneten Johannes Lichdi laut ihrer neuesten Podcast-Sendung, die Aufnahme zweier neuer Gremien in die Hauptsatzung der Stadt gefordert. Mit der Änderung dieser bei der letzten Stadtratssitzung am 26. Januar haben sie diesen auch bekommen.

Erstens gibt es fortan einen sogenannten Klimabeirat bestehend aus Vertreter:innen der Stadt und der -ratsfraktionen, Unternehmens- und Umweltverbänden. Außerdem sollen bei dem Gremium künftig auch Vertreter:innen aus Klimagruppen wie Fridays for Future (FFF), die Teilnahme ermöglicht werden. Aufgabe soll es sein, das Thema Klimaschutz dauerhaft auf die Tagesordnung zu setzen, indem der Klimabeirat aller sechs bis acht Wochen im Stadtrat zu verschiedenen Themen gehört werden soll. 

Zweitens wurde eine „Koordinierungsstelle zentrale Klimaschutzstrategien“ in der Hauptsatzung verankert, die, wie der Name sagt, eine Koordinationsfunktion zwischen der Politik der einzelnen Beigeordneten und des OBs einnehmen soll. Im Gegenzug erklärten sich die „Dissidenten“ bereit, dem OB das Finanzressort zu übertragen, damit einen Beigeordneten weniger zu wählen und immensen Machtzuwachs des OB zu zementieren. 

Während aber in der letzten Sitzung des Stadtrates die Änderung der Hauptsatzung, wie von den Dissidenten gefordert, geändert wurde, scheiterte der Vorschlag für die Wahl der Beigeordneten erneut. Zwar wurden drei der vier zu wählenden Beigeordneten gewählt. Doch der Kandidat der Dresdner CDU für das Amt des Wirtschaftsbürgermeisters, Steffen Kaden, scheiterte. 

Beitrag der Dissidenten zum Klimabeirat

Veröffentlicht am 21. Februar 2023 um 14:54 Uhr von Redaktion in Soziales

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