Freiräume

Ulbig wirbt für mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum

23. April 2013 - 13:13 Uhr - 2 Ergänzungen

Der umstrittene sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU) hat in einem Interview mit MDR Info die Anschläge am Rande des Boston-Marathons zum Anlass genommen, um sich ebenso wie der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) für eine Ausweitung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum einzusetzen. Friedrich hatte in der BILD am Sonntag Videoüberwachung als Beitrag zur „Aufklärung schwerster Straftaten“ bezeichnet. Ähnlich äußerte sich der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, im FOCUS. Anschlagsversuche wie in Köln 2006 und Bonn 2012 hätten gezeigt, welche Funktion Kameras bei „potenziellen Anschlagsgefahren“ übernehmen können. Neben einer „abschreckenden“ Wirkung stellen sie auch eine Hilfe bei der Aufklärung von Straftaten dar.

Auch Ulbig schloss sich diesen Forderungen an und bezeichnete die Überwachung öffentlicher Räume als Beitrag, um, ähnlich wie in anderen Ländern, „im Bereich öffentliche Sicherheit und Ordnung auch in Deutschland vernünftige Standards und Maßstäbe zu setzen“. In seinen Augen gebe es „kein Entweder-oder in der Innenpolitik, sondern nur ein Sowohl-als-auch“. Um Überwachung effizient zu gestalten, sei darüber hinaus jedoch auch speziell geschultes Personal notwendig, welches dazu in der Lage ist, „Informationen aus solchen modernen Systemen zu verarbeiten“. Die neuen technischen Möglichkeiten zur Überwachung des öffentlichen Raumes hätten in den vergangenen Wochen und Monaten „immer wieder“ gezeigt, dass eine „schnelle Aufklärung“ möglich ist. Vor allem bei Gefahrenschwerpunkten wie dem Connewitzer Kreuz oder der Alaunstraße in der Dresdner Neustadt sollte seiner Ansicht nach „deutlich mehr Videotechnik, mehr Videoüberwachung“ eingesetzt werden. Gleichzeitig würden zunehmend auch private Aufzeichnungen von Tankstellen oder den Verkehrsbetrieben die Ermittlungsbehörden bei der Aufklärung von Straftaten unterstützen. Sachsens Innenminister begründete diese Maßnahmen mit persönlichen Gesprächen, die er geführt haben will. Aus diesen gehe hervor, dass viele Menschen kein Problem damit haben, von einer Kamera aufgezeichnet zu werden.

Die Grünen-Landtagsabgeordnete Eva Jähnigen kritisierte die Instrumentalisierung der Anschläge von Boston für eine Ausweitung der bereits jetzt vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten zur Überwachung öffentlicher Räume (vgl. § 33 SächsDSG) und erinnerte Sachsens Innenminister in diesem Zusammenhang an den Stellenabbau bei der sächsischen Polizei. Ihrer Meinung nach mache die „reflexartige Forderung nach einer Ausweitung der Videoüberwachung öffentlicher Plätze Sachsen nicht sicherer“. Auch der Jurist und Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, äußerte sich in einem Interview mit der taz zu den politischen Forderungen nach einer Ausweitung der Videoüberwachung. Seiner Einschätzung nach sei in Deutschland die Kontrolle öffentlicher Plätze bereits jetzt Normalität, die sich rechtlich insbesondere in den Bundes- und Landesdatenschutzgesetzen wiederfindet. Das Beispiel des gescheiterten Bombenanschlags im Hauptbahnhof von Bonn habe jedoch gezeigt, dass bis heute weder die Bahnhofskameras noch privat installierte Kameras in der Lage dazu waren, die mutmaßlichen Täter zu finden. Stattdessen appellierte er an die „Solidarität der Menschen in Krisensituationen“ und forderte die Politik dazu auf, das Recht auf Privatsphäre zu achten.

WDR Aktuelle Stunde – Mehr Videoüberwachung:


Veröffentlicht am 23. April 2013 um 13:13 Uhr von Redaktion in Freiräume

Ergänzungen

  • „Ich habe nichts gegen meiner Überwachung.“
    Diesen Satz hört man in der Tat recht häufig.

    Also dann los doch, beginnen wir ein System der totalen Überwachung aufzubauen – natürlich nicht der Reichen (die dürfen ja schon seit der Römerzeit hinter den Mauern ihrer Villen aushecken, was sie wollen – ungestraft), sondern nur der Armen.
    Denn erst, wenn durch Überwachung massenhaft unbescholtene Bürger zu Schaden gekommen sind ( und das ist absehbar, denn Überwachungsorganisationen neigen nach aller historischer Erfahrung dazu, ein Eigenleben zu entwickeln, ja sich nicht selten sogar gegen ihre eigenen Auftraggeber und Befürworter zu wenden(!) – das hat keine politischen, sondern strukturelle, verhaltenspsychologische und allgemeinmenschliche Gründe – der Mißbrauch ist vorprogrammiert und praktisch nicht zu verhindern, wie der Mißbrauch jeglicher Staatsmacht nicht zu verhindern ist) – erst wenn also diese Naiven und Uninformierten selber zu Schadne gekommen sein werden, werden sie ihre dämliche Meinung ändern.
    die meisten Menschen werden nun mal nur durch eigenen Schaden klug.
    Also los! Her mit der Überwachung! Hatenn wir ja schon x-mal. Die Ergebnisse sind bekannt, auch wenn sich das regie eifrig bemühht, die ruinösen Zeugnisse menschlichen Kontrollwahnes und der Machtneurosen wieder aufzubauen, auf daß sich das schmutzige Spiel immer und immer wiederhole!

    Hella

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