Antifa

Gedenkveranstaltung für Jorge Gomondai

9. April 2019 - 14:00 Uhr

Am 6. April 2019 wurde zum 27. Mal die Gedenkfeier für den mosambikanischen Gastarbeiter Jorge Gomondai abgehalten. Gomondai war 1991 von Nazis aus einer fahrenden Bahn geworfen worden und erlag wenige Tage später seinen schweren Verletzungen. Er ist eines der ersten Todesopfer rechter Gewalt im wiedervereinigten Deutschland. Bereits am Vortag zum eigentlichen Gedenken waren rund um den Albertplatz Plakate angebracht worden, die auf das Schicksal des mosambikanischen Vertragsarbeiters aufmerksam machen sollten. Das Aktionsbündnis „Im Gedenken an Jorge Gomondai“ klebte sein Konterfei auf die Heckscheiben der DVB-Bahnen und veröffentlichte einen Beitrag und ein Video auf Indymedia und Twitter.

Vor Beginn der Gedenkkundgebung gab es bereits einen Erinnerungsrundgang durch die Äußere Neustadt, der die Geschehnisse jenes Frühlingstages 1991 näher beleuchten sollte. Dazu gab es Informationen zur Situation von Gastarbeiterinnen und Gastarbeitern in der ehemaligen DDR, einen Überblick über die Ermittlungen der Polizei gegen die verdächtigen Nazis sowie über die politische und gesellschaftliche Situation in Dresden Anfang der 1990er Jahre. Aber es blieb nicht nur historisch. Immer wieder wurden Bezüge zur Gegenwart hergestellt. An der Scheune wurde unter anderem das geplante neue Polizeigesetz und die gängige Praxis des Racial Profiling thematisiert und kritisiert. Nachdem im vergangenen Jahr die Polizei noch versucht hatte, den Rundgang gewaltsam zu unterbinden, verlief er in diesem Jahr ohne Zwischenfälle. Im letzten Jahr hatten sie dazu Straßen gesperrt und am Albertplatz unter Anwendung von körperlichem Zwang zwei Vortragende kontrolliert.

Während der Rundgang durch die Neustadt lief, sammelten sich ca. 70 Personen nach der „Mietenwahnsinn stoppen“ – Kundgebung auf der Altstadtseite. Die Initiative „Kein Viertel für Ausgrenzung“ hatte auf der Veranstaltung am Postplatz dazu aufgerufen, gemeinsam zum Albertplatz zu laufen, um sich dort am Gedenken zu beteiligen. Mit Musik, Fahnen und vielen Fahrrädern, aber ohne Polizeibegleitung, ging es über die Hauptstraße zum Jorge-Gomondai-Platz, wo auch in diesem Jahr die Gedenkveranstaltung stattfand. Der Platz war 2007 als einer der ersten Orte in Deutschland offiziell nach einem Opfer rassistischer Gewalt benannt worden. Auf einer kleinen Stele sind Name sowie Geburts- und Todesdatum Gomondais eingraviert. Ein weiterer Gedenkstein befindet sich auf der Holbeinstraße 42, seinem letzten Wohnort.

Pünktlich um 17 Uhr wurde die Veranstaltung von Marita Schieferdecker-Adolph, eine Freundin Jorges und ehemalige Ausländerbeauftragte, eröffnet. Sichtlich mitgenommen schilderte sie die Umstände seines Todes und teilte persönliche Erlebnisse. Anschließend wendete sie sich mit einem klaren Appell an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Es wäre nicht die Zeit zu schweigen, sondern sich klar gegen Rassismus und die AfD zu stellen. Als zweiter Redner sprach Viktor Vince, Vorstandsmitglied des Ausländerrats e.V. Der in Ostungarn geborene und 2001 nach Dresden gezogene Vince sprach über seine erste Teilnahme am Gomondai-Gedenken, wie fassungslos er damals über die geringe Zahl an Demonstrantinnen und Demonstranten aber auch das Fernbleiben der gesellschaftlichen Mitte gewesen sei. Der gemeinsame Nenner müsse Antirassismus sein. Abschließend leitete Dr. Hussein Jinah eine Schweigeminute ein, der eine Blumenniederlegung folgte. Insgesamt beteiligten sich etwa 200 Personen am diesjährigen Gedenken.


Veröffentlicht am 9. April 2019 um 14:00 Uhr von Redaktion in Antifa

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