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Starke Demonstration und buntes Programm des AND am 1. Mai

5. Juni 2023 - 14:23 Uhr

Zum Arbeitskampftag organisierte Schwarze Katze Dresden, das Anarchistische Netzwerk Dresden und weitere Gruppen und Einzelpersonen auch 2023 wieder eine öffentliche Veranstaltung. An der Demonstration vor der Kundgebung beteiligten sich einige hundert Menschen. Begleitet von Sonnenschein und guter Stimmung konnte das Programm trotz Störungen durch die Polizei erfolgreich durchgeführt werden.

Vor der alljährlichen Kundgebung des Netzwerkes startete eine Demonstration ab 13 Uhr am Wettiner Platz in der Altstadt. Dort fanden sich etwa 300 vor allem junge Menschen ein und zogen gemeinsam über den Postplatz und die Augustusbrücke in der Dresdner Neustadt.  

Der Demonstrationszug traf um 14:30 Uhr wie geplant auf dem Albertplatz ein und wurde mit Beifall von den bereits anwesenden Menschen begrüßt. Diese hatten zuvor verschiedene Infostände aufgebaut. Neben einem Stand des anarchistischen Cafés Malobeo waren Organisator:innen der Queer Pride Dresden und der Zapatista-Unterstützungsgruppe Dresden, außerdem Infostände der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft FAU , der Tierbefreiung Dresden , des Schüler:innennetzwerkes Schwarze Rose und ein Bücherstand von Anarchist Black Cross Dresden vertreten. Bänke, Kissen, Decken sorgten für zahlreiche Sitzgelegenheiten und durch die unerwartet vielen Besucher:innen wurden Getränke und Kuchen stark nachgefragt. Neben Redebeiträgen gab es Musik vom Band, eine öffentliche Chorprobe und Einlagen der Gruppe Rhythm of Resistance zu hören.

Broschüren, Bücher, persönliche Gespräche und verschiedene Redebeiträge thematisierten diverse Themen um Arbeit und Kapitalismus. Themen zu Selbstorganisation, Syndikalismus, Anarchismus, (Queer)Feminismus, Antispeziesimus und Internationalismus standen im Mittelpunkt. Anlehnend an den Demoaufruf „Es gibt keinen Frieden im Kapitalismus, für die soziale Revolution“ wurde in den Redebeiträgen unter anderem über die historische Geschichte des 1. Mai, Inflation, Gewerkschaften, Lohnarbeit als grundsätzliches Problem, feministische Perspektiven auf die Gesellschaft sowie die Lage und Ausbeutung der Arbeiter:innen und von nichtmenschlichen Tieren in der Fleischindustrie gesprochen.

Bevor das vielfältige Programm starten konnte, sorgte jedoch die Polizei für Verzögerungen. Zahlreiche Polizeibeamte und Mannschaftswagen umringten die Veranstaltung. Allerdings wurden einige der Demoteilnehmer:innen, die nach Meinung der Polizei „vermummt“ waren, zur Identitätsfeststellung aus der Veranstaltung gezogen, andere marschierten mitten in die Veranstaltung auf den Albertplatz hinein. Da diese als Verkörperung staatlicher Gewalt und mit Waffenausrüstung weder inhaltlich-thematisch noch ästhetisch zur Veranstaltung passten und mit ihrer martialischen Ausrüstung Menschen einschüchterten, erzeugten sie zwangsläufig Widerstand unter den Teilnehmer:innen der Kundgebung. Mehr als eine Stunde hatte die Polizei Erfolg damit, bevor dann das Programm wie geplant durchgeführt wurde.  Die Organisatorinnen führten die Eingriffe durch die Polizei auch darauf zurück, dass ihnen der Anschluss einer Gruppe vermummter Personen von einer anderen Demonstration mehr Gründe für ihre Maßnahmen liefert. 

Die anacharchische Gruppe Schwarze Katze Dresden erinnerte an das Haymarket Massaker 1886, als Arbeiter:innen ab dem 1. Mai mit Streiks für einen 8-Stunden-Arbeitstag kämpften, diese aber mit Polizeigewalt unterdrückt wurden, bis die Lage am 4. Mai eskalierte. Mehrere erschossene Arbeiter:innen und Polizisten boten Anlass für Razzien gegen führende Aktivist:innen und sogar acht Todesurteile. Ab 1890 wurde der 1. Mai zwar international zum Kampftag der Arbeiter:innenklasse, aber danach von verschiedenen ideologischen Strömungen wie zum Beispiel in der NS-Zeit missbraucht und umgedeutet, weshalb an die Ursprünge des Arbeitskampftages mit führender Beteiligung durch Anarchist:innen im 19. Jahrhundert erinnert wurde.

Die selbstverwaltete und branchenübergreifend agierende Freie Arbeiter:innenunion stellte sich mit ihren Strukturen, Forderungen und Zielen vor, warb um neue Mitglieder und konnte an dem Tag auch mehrere Eintritte verzeichnen.

In einem Beitrag zur „Lohnarbeit ist Lebenszeit“wurde darauf hingewiesen, dass die Durchsetzung der 40-Stunden-Arbeitswoche zwar im 19. Jahrhundert ein erheblicher Fortschritt war, dieser aber heute mit den vielfältigen weiteren Anforderungen z.B. durch privatisierte Sorgearbeiten oft überschritten wird. Zudem sollten Menschen generell von einem Lohnarbeitszwang befreit werden und mehr Zeit für die selbstbestimmte Gestaltung ihres Lebens erhalten, zum Beispiel mittels bedingungslosem Grundeinkommen.

Eine Rednerin der Tierbefreiung Dresden thematisierte die skandalösen Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie, unter anderem am Beispiel des Fleischkonzerns Tönnies, der systematisch Arbeitsrechtsverletzungen und Vetternwirtschaft betriebe und die Selbstorganisation von Arbeiter:innen verhindere. Im nächsten Beitrag wurden weitere Probleme der Tierindustrie ausgeführt. Denn neben bestimmten Arbeitsbedingungen lebe die Fleisch- und Milchkonzerne nicht nur von der Ausbildung durch Arbeit, sondern die Geschäftsgrundlagen ihrer Tätigkeit bilden Raubbau und Zerstörung von Natur und Tieren, und mit der Umweltverschmutzung- und -vernichtung damit die Lebensgrundlagen aller Lebewesen auf dem Planeten. Sie haben die größten globalen Probleme direkt mit zu verantworten, wie die Überdüngung der Böden, Artensterben, Verschmutzung der Gewässer, Landraub, Flucht, Regenwaldzerstörung, Ausbeutung und Vergiftung von Arbeiter:innen, Erderwärmung und Klimakrise. Da die Ablehnung von Herrschaft die Grundlage des Anarchismus ist, sei es zudem zwingend logisch auch die nichtmenschlichen Tiere, die täglich milliardenfach ausgebeutet und umgebracht werden, in alle anarchistischen Kämpfe mit aufzunehmen.

Die von der Queer Pride Crew geschilderte Diskriminierungserfahrung einer trans Frau, die von einer sächsischen Klinik gekündigt wurde, sich jedoch vor dem Arbeitsgericht Dresden eine Entschädigung erstreiten konnte, thematisierte die Potentiale solidarischer Unterstützung von queeren Menschen auf, die stärker als andere Personengruppen von Diskriminierung im Arbeitsalltag betroffen sind.

Etwa um 17 Uhr war das Programm beendet, die Stimmung der verbliebenen Menschen immer noch ausgezeichnet und der organisierte Arbeitskampftag wurde mit dem Abbau der Infrastruktur gemeinsam beendet. 


Veröffentlicht am 5. Juni 2023 um 14:23 Uhr von Redaktion in Events

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