Feminismus

Öffentliche Diskussion nach Sexismusvorwürfen gefordert

8. Januar 2021 - 15:56 Uhr - 18 Ergänzungen

Auf Indymedia wurde ein Beitrag von Einzelpersonen veröffentlicht, der nach einer öffentlichen Diskussion zu Geschehnissen im Sommer 2020 aufruft. Hintergrund sind Forderungen nach Ausschluß und Sanktionen von Personen, die sie sich sexistisch verhalten haben sollen.

Disclaimer: Die Texte spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wieder. Die Veröffentlichung auf addn.me soll die Transparenz und Diskussion über die Aufarbeitung der Geschehnissen unterstützen. Uns ist daran gelegen weitere Reaktionen auf die Beträge zu veröffentlichen und damit eine Auseinandersetzung mit dem Thema zu unterstützen.

Im Folgenden dokumentieren wir den Beitrag von Indymedia


Wir, ein Zusammenschluss aus Einzelpersonen, suchen die öffentliche Auseinandersetzung bezüglich verschiedener Täter und Täterschützer*innen Vorwürfe, die seit einigen Monaten in linken Kreisen in Dresden kursieren.
Diese Vorwürfe sind bisher diffus und nicht greifbar, was eine politische und kritische Aufarbeitung unmöglich macht.
Mit der Veröffentlichung verschiedener Texte wollen wir nun eine öffentliche Auseinandersetzung anstoßen, um weitere Mundpropaganda und vage Vermutungen zu unterbinden. Denn diese führen nur dazu, repressiv gegen Personen vorzugehen, ohne dabei tatsächlich Schutzräume oder eine Aufarbeitung zu eröffnen. Den formalen Weg über die Veranstaltenden, an die Betroffenen heranzutreten sind wir bereits gegangen, aber haben auch nach Monaten keinerlei Rückmeldungen und inhaltliche Auseinandersetzungen seitens der Betroffenen erfahren.

Was ist bisher passiert:

Im Sommer gab es ein Workshopwochenende, bei dem zwei Personen per Aushänge (siehe Bild weiter unten) im Gelände ein Tätervorwurf gemacht wurde. Dieser Aushang wurde als Stellungnahme von der Gruppe „Women defend Rojava“ bei ihrem Workshopslot vorgelesen. Die Gruppe „Women Defend Rojava“ ist danach sofort nach Hause gefahren und hat gefordert, dass nicht über das Problem gesprochen wird, sondern die Personen einfach zu entfernen seien. Dementsprechend verwirrt waren viele Teilnehmer*innen und niemand konnte klar artikulieren, worum es eigentlich ging. Der vermeintliche „Täter“ hat dann freiwillig das Gelände verlassen, um nicht mehr Menschen zu verunsichern, obwohl er dort zum ersten Mal mit dem Vorwurf konfrontiert wurde.

Im Anschluss gab es verschiedene Debattenbeiträge von Einzelpersonen zu dem Vorgehen der Gruppe. Eine Auseinandersetzung oder Aufarbeitung folgte jedoch nicht, wobei dies in den Debattenbeiträgen gefordert wurde. Was folgte waren verschiedene andere Situationen, in denen die gleichen Vorwürfe laut wurden. Und wieder wurde nicht benannt, was das Kernproblem ist.
Deswegen gehen jetzt wir den Weg, den Verlauf öffentlich zu machen und fordern eine tatsächliche Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit den Vorwürfen, um sexistische Strukturen zu durchbrechen.

Im folgenden findet ihr den Aushang der Gruppe „Women Defend Rojava“ und die Debattenbeiträge von Einzelpersonen dazu. Außerdem wurde das Kollektiv, in dem einer der Personen aktiv war, der der Tätervorwurf gemacht wurde, um eine Stellungnahme gebeten. Auch diese findet ihr im weiteren Verlauf.

Uns geht es nicht darum, unsolidarisch mit Betroffenen zu sein. Uns geht es darum, eine Aufarbeitung anzustoßen, um Sexismus und Machtstrukturen sichtbar zu machen, diese kritisch zu reflektieren und Empowerment zu schaffen.

Im Folgenden veröffentlichen wir nun die zwei Debattenbeiträge von Einzelpersonen, welche genauso an die Gruppe WDR übermittelt wurden.

Vorab ein kurzes Gedächtnisprotokoll der Ereignisse aus meiner Sicht in Stichpunkten:

– Spontanes mitfahren zu einer politischen Weiterbildung
– Hoffnung auf sinnvollen Austausch sowie Vernetzung
– im Vorfeld Erwähnung eines Bekannten, dass seine Gegenwart nicht erwünscht ist: dass sie sich unwohl fühlen mit dieser Person, Begründung keine (dazu später mehr)
– Bekanntgabe des WDR Vortrags, sei nicht mehr FLINT sondern für alle, mit nachdrücklicher Aufforderung, dass es wichtig sei diesen zu besuchen
– ein Genosse nahm teil, kam nach nicht mal 10 Minuten zurück und gab uns das Statement
– Statement wurde verlesen
– Personen welche sich unwohl mit dem Bekannten fühlten sind direkt wieder gefahren
– erstes sehr mulmiges Gefühl auf dem Gelände; Fragen kommen auf, worum es hier geht
– währenddessen wurde das Statement überall angebracht
– Krisengespräch wurde einberufen, Rücksprache mit den Betroffenen gehalten, ob ein zumindest abstraktes Gespräch losgelöst von den Ereignissen mit den Teilnehmer:innen gewünscht sei, da in dem Statement geschrieben steht, dass keinerlei Diskussion oder Nachfragen gestellt werden sollen
– nach der Verneinung wurde sich gemeinsam hingesetzt und darauf hingewiesen, dass Personen welche sich getriggert fühlen sich an eine der 3 Ansprechpartner:innen wenden können
– Versuche von Teilnehmer:innen, Solidaritätsbekundungen gegenüber den Betroffenen zu äußern, wurden abgelehnt, da es nicht den Wünschen der Betroffen entspricht
– zwei Personen nahmen ihren Mut zusammen um sich gegen einen vermeintliche Täteranwesenheit auszusprechen
– es wurde sich darauf geeinigt, dass die Person das Gelände nach einer kurzen Pause verlässt, während die Workshops wieder laufen
– eine Person merkte an, dass sie sich nicht vorstellen könnte, dass mensch jetzt so alleine mit der Situation gelassen zu werden
– sichtbare Überforderung einzelner Personen
– im Nachgang konnte ich einzelne Menschen sehen, welche weinten oder versuchten zu verstehen worum es ging

Ich möchte hier auf die genannten Begriffe von euch eingehen, vor allem in dem Bewusstsein, dass es sehr herausfordernd erscheint, dieses Konzepte 1zu1 auf die deutsche Linke zu übertragen:

Community Accountability (engl., etwa ‚Gemeinschaftsverantwortung‘):

Ist eine gemeinschafts- und nicht polizei- und gefängnisbasierte Strategie, um auf Gewalt, einschließlich häuslicher und sexueller Gewalt und Kindesmisshandlung, zu reagieren. Sie zielt darauf ab, dass eine Gemeinschaft – ein Freundeskreis, eine Familie, eine Gemeinde, eine Arbeitsstätte, ein Appartement-Komplex, die Nachbarschaft etc. – prozesshaft zusammenarbeitet, um folgendes zu verwirklichen:

• Unterstützung von betroffenen Personen, Gewährleistung ihrer Sicherheit und Selbstbestimmung
• Verantwortungsübernahme durch den/die Gewaltausübende und Verhaltensänderung;
• Maßnahmen innerhalb der Community, die gegen Unterdrückung und Gewalt gerichtete Haltungen und Praxen stärken;
• Strukturelle Veränderung der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse, die für den Fortbestand von Gewalt verantwortlich sind.

Ich teile diese Werte und besuche Veranstaltungen in Linken Räumen in dem Verständnis, dass auch alle Beteiligten der Veranstaltung diesen Werten zustimmen, bzw. mindestens gut heißen würden (ich möchte hier anmerken, dass ich nicht für andere Menschen und deren Vorstellungen sprechen kann und möchte, sondern es sich hier um eine Mutmaßung von mir handelt)Leider ist mir nicht verständlich, wie ein gemeinsamer Prozess stattfinden soll, wenn einer Gruppe untersagt wird über Probleme zu sprechen.

Was genau ist die Intention hinter diesem Verfahren? Geht es darum, dass Betroffene sich dort wohlfühlen können? Falls ja, warum verlassen sie nach der Verlesung des Statements das Gelände? Wenn dieser Moment zu aufwühlend oder herausfordernd für die Betroffenen ist oder war, dann hätten wir als Gemeinschaft daran gemeinsam arbeiten können, dass dieses Gefühl bewältigt oder zumindest aufgearbeitet wird.

Ging es auch darum potentielle neue Betroffene vor sexualisierten Übergriffen zu schützen? Diesen Punkt könnte ich nachvollziehen, da die Anwesenheit einer potentiellen Täterperson ohne Frage ein sehr beklemmendes Gefühl ist. Jedoch wurden wissentlich alle Teilnehmer:innen der Situation ausgesetzt.

Wollte auf generelle strukturelle Probleme aufmerksam gemacht werden? Falls dies der Punkt ist, wäre wiederum eine Diskussion über sexualisierte Übergriffe innerhalb der Szene und den Umgang mit diesen sehr wichtig gewesen. Diese wollten oder konnten die Betroffen nicht führen und es wurde allen Anwesenden abgesprochen.

In meinen Augen hat Verantwortungsübernahme stattgefunden, da sich entschieden wurde, dass die potenzielle Täterperson das Gelände verlassen soll. Jedoch habe ich diesen Moment nicht als Stärkung empfunden, da eine Diskussion darüber gänzlich unmöglich war. Es hat sich angefühlt wie eine Erpressung. Wir konnten uns nur gegen eine Teilnahme des Täters entscheiden, als es in den Augen der Betroffenen schon zu spät war.

Welche strukturelle Veränderung hat durch diesen Moment stattgefunden? Dass Menschen, welche sich politisch engagieren wollen einem Misstrauen in alle Richtungen ausgesetzt werden, sich mutmaßlich zu Täterschützer:innen machen, wenn sie nicht eine Person des Geländes verweisen? Wenn es darum ging, den Täter zu entlarven ist dies zwar gelungen, aber es fühlte sich an als sollte die komplette Veranstaltung gesprengt werden, da sämtliche Gespräche darüber untersagt wurden. Es ist in meinen Augen zu viel verlangt, einen Vorwurf zu bringen und dann zu erwarten dass alle weitermachen, als wäre nichts geschehen. Oder wäre das euer Wunsch gewesen? Ist es eine strukturelle Veränderung, wenn mensch ein Thema verdrängt, statt es zu behandeln? Für mich wirkt dies, wie eine Erschaffung einer neuen Blase und nicht wie der Wille eine Gesellschaft zu bilden welche Verantwortung übernimmt und eine Verhaltensänderung bei Täter:innen bewirken kann.

Es stellt sich durchaus die ernst gemeinte Frage: Wie soll eine Gemeinschaft Verantwortung übernehmen, wenn Probleme und Übergriffe nicht transparent und öffentlich diskutiert werden? Soll nicht heißen, dass ich mir wünsche, das Betroffene ihr Trauma stets wiederholen müssen bzw. offenlegen sollen. Im Gegenteil, es gibt Vertrauenspersonen an die mensch sich wenden kann und diese könnten genauso gut die Fälle abstrakt offen legen und Gespräche für Betroffene führen und deren Positionen immer wieder klarstellen. Keine Person muss und sollte dies alleine machen müssen. Verantwortung kann jedoch nur mit Transparenz über Probleme einhergehen. Für mich wirkte diese Situation wie eine, an der ich mich als teilnehmende Person nicht aktiv beteiligen konnte.

Warum wurden Privatgespräche und Entscheidungen der Einzelpersonen über die Gruppen bzw. teilnehmenden Personen gestellt? War es aus dem Grund heraus, die Personen auf dem Gelände zuschützen? Ohne eine gemeinsame Absprache empfinde ich dies als nicht richtig. Die Kritik bzw. dieses Statement hätte meiner Meinung nach schon Freitag, mit Beginn der Veranstaltungen auf den Tisch gebracht werden müssen. Ich stelle diese Forderung aus dem einfachen Grund, dass egal ob potenzielle Täter:innen anwesend oder nicht anwesend sind, es immer ein aktuelles Thema sein sollte, vor allem bei einer Gruppe wie WDR.

Transformative Justice:

Definition: „Transformative justice [ist] ein befreiender Ansatz gegenüber Gewalt […], der darauf abzielt, Sicherheit und accountability zu gewährleisten, ohne dabei auf Entfremdung, Bestrafung und staatlicher oder systemischer Gewalt, die auch Inhaftierungen und Überwachung beinhalten, zu beruhen.“ Die dort geschaffene Situation war definitiv eine bestrafende für die Teilnehmer:innen sowie die Veranstalter:innen bzw. die Organisator:innen. Auch ging es sehr offensichtlich um einen Ausschluss. Es wurde im Vorfeld überwacht und auch während der Veranstaltung wurden Personen die den Ausschluss planten in Kenntnis gesetzt, dass mindestens eine, der wie im Statement herauskam, Person auf dem Gelände ist.

Um euch aufzuschlüsseln was ich mit Strafe meine:

Ihr habt bewusst Menschen folgenden Situationen ausgeliefert: Ohnmachtsgefühle, Handlungsunfähigkeit, mögliche Traumata, Definitionsmacht ohne euch vorher darüber zu informieren, wie es den anderen Personen damit geht und ob sie damit bereits schon Erfahrung haben. (Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass diese Zustände, ausgenommen Definitionsmacht vllt., ebenso bei staatlicher Gewalt angewandt werden) Sie wurden bestraft indem a) nicht nur der Workshop/Vortrag nicht stattgefunden hat b) sich alle Teilnehmer:innen sich als Täterschützer:innen begreifen mussten, sondern auch c) sich sämtlichen Gesprächen entzogen wurde und sogar d) allen dort Anwesenden mit dem Statement und telefonischer Rücksprache untersagt wurde darüber zu sprechen. Alles in allem wirken all diese Punkte sehr wohl wie eine willkürliche Strafe, aus denen die Teilnehmer:innen meiner Meinung nach nicht einmal was lernen können, außer dass sie lieber nichts sagen sollten. Das bricht mit sämtlichen linken Diskursen.

Mit Überwachung meine ich, dass nicht nur im Vorfeld es den Versuch gab durch persönliches Telefonat eine der Personen am kommen zu hindern, sondern dass auch auf dem Gelände mensch noch mal zu einer Dringlichkeit einer Veranstaltung hingewiesen wird, und es auch im Nachgang sehr deutlich wurde, warum. Da eine „ungewollte Person“ in unserem Kreis saß. Es ging um einen systematischen Ausschluss einer Person und um Bestrafung. „Transformative justice hat das Ziel, Menschen, die Gewalt erfahren, eine unmittelbare Sicherheit sowie langfristig angelegte Heilungs- und Wiedergutmachungsprozesse zur Verfügung zu stellen, indem gewaltausübende Personen in und durch ihre Umfelder zur Verantwortungsübernahme bewegt werden. Diese Form der accountability beinhaltet dabei die Gewalt unmittelbar zu unterbrechen, die Verpflichtung, zukünftig keine Gewalt mehr auszuüben, und Angebote zur Wiedergutmachung für die verübten Grenzverletzungen. Solche accountability-Prozesse benötigen eine stete Unterstützung und einen transformativen Heilungsprozess für Personen, die sexualisierte Gewalt ausgeübt haben.“

Haben Personen durch diesen Ausschluss Heilung erfahren? Für mich wirkte es eher wie ein unsensibler Machtmissbrauch der Gruppe gegenüber. Unterstützend konnte keine Person handeln, außer blind über den Täter zu urteilen.

Täterschutz:

Da ich diesbezüglich keine einheitliche Definition welche nicht rechtsstaatlichen Grundlagen entspricht muss ich mit den mir nach meinen erarbeiteten Kenntnissen arbeiten, auch die Gefahr hin, dass ich nicht alle Grundlagen und Fakten richtig verstanden und eingeordnet habe. Nach meinem Verstehen ist Täterschutz ein wissentliches Verschweigen und Tolerieren von Täterpersonen im unmittelbaren Umfeld. Ich möchte die Wahrnehmung der Betroffenen nicht angreifen, deswegen kann ich mir kein Urteil an dieser Stelle erlauben. Wenn im Vorfeld bekannt gemacht wurde, dass ein Täter vorhat diese Veranstaltung zu besuchen, dann ist meiner Meinung nach das Übergehen der betroffenen Personen in diesem Fall nicht richtig gewesen. Was ich jedoch zu Bedenken geben möchte ist folgendes: eine Äußerung über das Unwohlfühlen mit einer Person reicht nach meinem Ermessen (was ich natürlich in keinster Weise auf alle beziehen kann und möchte) nicht aus. Wir sollten in der Lage sein Fakten zu benennen. Wenn der Fakt eines sexualisierten Übergriff besteht, dann sollte er auch im Vorfeld als dieser benannt werden. Warum es wichtig ist, dies zu benennen (auch hier möchte ich erneut anmerken, dass ich es aus meiner Sicht schreiben kann, mir aber darüber bewusst bin, dass diese Sicht nicht für alle gelten kann und soll, es geht mir um eine Diskussion über die Veranstaltung, sofern dies den Betroffenen möglich ist).

Ich und auch sehr viele andere Menschen die ich kenne, fühlen sich sehr häufig unwohl in (linken) Räumen, da wir alle einer ständigen Bewertung ausgesetzt sind. Sei es nun über unsere Kleidung, unser generelles Erscheinungsbild, unsere Sprache oder Wissensstand. Mir fällt es schwer mich in der Öffentlichkeit zu äußern, aus Angst, dass ich jemanden angreifen, verletzen oder diskreditieren könnte. Dennoch möchte ich mein politisches Engagement über diese Dinge stellen, weil ich denke dass wir unsere Ängste nur gemeinsam abschaffen können. Einzelpersonen, welchen ich vertraue, wissen um diese Angst und dieses Problem Bescheid und können mir notfalls helfen, wenn ich mich unwohl fühle.

Waren diese Telefonate im Vorfeld ebenfalls Gespräche mit Vertrauenspersonen von den Betroffenen, bzw. wussten sie um die Übergriffe Bescheid?

Denn in diesem Fall, ist es ein Fehler wenn sie einstimmten den potenziellen Täter nicht auszuladen. Wenn sie es jedoch nicht wussten, muss ich ehrlich eingestehen, dass die Verurteilung der Veranstalter:innen sowie Organisator:innen als Täterschützer:innen nach meinem (privilegierten, da ich selbst nicht in dieser Situation stecke) Ermessen zu harsch ist. Ja, es ist ein schmerzhaftes Thema, sexistisches Verhalten und Übergriffe immer wieder sichtbar zu machen, und ja ich verstehe durchaus, falls es Situationen gibt, in denen mensch das nicht machen möchte, da dies kräftezehrend sein kann und ist. Ich denke aber, dass Informationen Menschen zugänglich gemacht werden müssen und sollten, notfalls eben über Vertrauenspersonen und oder Menschen die sich dem Thema annehmen möchten. Wir können nur an Problemen und Übergriffen arbeiten, wenn wir diese klar benennen und eine Heilung aushandeln, sofern die Situation dies hergibt. Sonst denke ich aus meiner Position, dass es nicht selbstermächtigend ist, sondern ein Fallenlassen in die Opferposition und aus dieser denke ich, gilt es auszubrechen, gemeinsam im besten Fall. Es erscheint jedoch willkürlich, wenn Dinge nicht benannt werden und ist schlichtweg intransparent. Einer Gruppe wird so jegliche Diskussions- und Weiterentwicklungsbasis genommen.

Eine Anmerkung von mir zu einem der Übergriffe: Wenn mensch eine Kollektiventscheidung als eine Person definiert, die durch andere den Rücken gestärkt bekommt, Zitat: „die andere Person bewertete die Leistung einer Genossin in einem Kollektiv nach sexistischen Stereotypen, was zu einem Ausschluss führte, da andere Beteiligte ihm den Rücken stärkten.“, dann hat man meiner Ansicht auch Kollektive und deren Entscheidungsfindung nicht verstanden. Ob dieses Kollektiv nach sexistischen Werten handelte weiß ich nicht und möchte diese Wahrnehmung hier nicht anzweifeln, ich möchte aber zu bedenken geben, dass es keine Einzelpersonen in Kollektiven geben sollte und „andere Beteiligte“ bedeutet für mich Kollektiventscheidung. Vielleicht wäre eine allgemeine Kollektiv-Kritik hier angemessener.

Eine Anmerkung von mir zu der Verwendung des Begriffs Täter:in: Ich kann durchaus verstehen, dass mensch bewusst einen negativ besetzten Begriff für sexualisierte Übergriffe bzw. Gewalt wünscht. Auch ich habe in diesem Text ausschließlich diesen Begriff verwendet um nicht die Vermutung aufkommen zu lassen, dass ich die Vorwürfe der Betroffen nicht ernst nehme. Ich denke jedoch, wenn wir über weiterentwickelnde Prozesse diskutieren wollen und auch dementsprechend arbeiten möchten, sollten wir eventuell darüber nachdenken, ob der Begriff Täter:in nicht zu negativ besetzt ist für Prozesse dieser Art. „Als Täter wird allgemein jemand bezeichnet, der eine Tat ausführt oder etwas getan hat, insbesondere ein Straftäter.“ Laut dieser Definition klingt diese Bezeichnung nicht negativ, jedoch leben wir derzeit in einem System, in dem Täter vor allem in Gerichtsprozessen verwendet wird. Ich denke, dass potentielle Täter:innen nicht wirklich empfänglich für diesen Begriff sind. Wenn mensch selbst einen Täter- oder Täterschützer:in-Vorwurf bekommt, fühlt es sich vermutlich an, als hätte mensch einen Mord begangen, eine Person vergewaltigt. Natürlich kann dies gerechtfertigt werden, mit der Dringlichkeit der Übergriffe, dieses Problem aufzuzeigen. Ich denke jedoch, dass es in solchen Fällen auch legitim ist, von ausübenden Personen zu sprechen. Um die Empfänglichkeit des Prozesses zu steigern.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass ich es begrüße, wenn vermeintlich private Probleme auf eine politische Ebene gehoben werden. Ich würde mir jedoch wünschen, dass im privaten auch so gehandelt werden würde. Nach meiner Beobachtung und meinem Wissensstand wussten beide Täterpersonen nicht über die bestehenden Vorwürfe Bescheid und somit war ihnen auch keine Möglichkeit der Wiedergutmachung vor allem aber der Aufarbeitung gegeben. Ich meine damit, dass es nicht schlimm ist, nicht geklärte Konflikte zu haben, jedoch müssen diese weiterhin ausgetragen werden bzw. vor Allem sichtbar gemacht werden. An einen fremden Ort zu kommen und vielen Personen Vorwürfe zu machen und diesen Ort diskussionslos wieder zu verlassen, mag in dem Moment für euch als ermächtigend gewirkt haben. Ich habe mich jedoch ohnmächtig und fassungslos gefühlt. Wie soll ich etwas verändern, wenn ich zu spät von etwas erfahre und mir ein Austausch darüber untersagt wird? Wie sollen Prozesse geführt werden, wenn Vorwürfe nicht benannt werden?

Ich wünsche mir eine kritische Auseinandersetzung mit den Vorkommnissen und eine Aufarbeitung dieser. Ich schreibe euch als anonyme Person, da ich Angst habe verurteilt zu werden, dass ich Fragen stelle und mit dem Ablauf der Situation nicht einverstanden bin. Gerne stehe ich für weitere Gespräche schriftlich zur Verfügung.

Text Nr. 1

Liebe Einzelpersonen von Women Defend Rojava,

ich war am Samstag in […] und hab verschiedene Gefühlsstadien durchlaufen. Erst war ich schockiert. Dann war ich entsetzt, dann hab ich mich ohnmächtig gefühlt und dann war ich unglaublich wütend.

Ich kann nicht verstehen wie eine politische Gruppe so absurd unpolitisch handeln kann. Wie überhaupt keine politische Verantwortung übernommen wurde, wie keinerlei Solidarität spürbar war.
Es wurden ungefähr 40 Personen einfach handlungsunfähig zurück gelassen. Und das ist nicht mein Verständnis für einen gemeinsamen feministischen Kampf. Das ist für mich purer Egoismus. Wenn so ein Statement verfasst wird und ihr euch, wie ihr schreibt, selbstermächtigt, dann muss die Diskussion an dem Ort geführt werden, an dem ihr diese aufmacht. Dann auch noch den anwesenden Menschen zu untersagen, abstrakt und losgelöst von den expliziten Problemlagen über die Thematik zu sprechen, zeugt von einer großen Ignoranz und Machtmissbrauch. Es wurden den Personen dort die Pistole auf die Brust gesetzt und sie handlungsunfähig gemacht, weil jegliche Diskussion von euch untersagt wurde. Habt ihr an die Personen gedacht, die von solchen Statements getriggert werden und einen Space brauchen, sich dazu auszutauschen? Wir haben versucht, dass bestmögliche daraus zu machen und 3 Personen als Ansprechpartnerinnen* für betroffene Personen ernannt, die sensibel und empathisch zur Seite stehen konnten.

Außerdem hat mich die Wortwahl des Statement unglaublich wütend gemacht. In solchen Konfliktlagen von „Tätern“ zu sprechen, ist ein Schlag ins Gesicht von Frauen*, die missbraucht und sexuell misshandelt wurden. Hier braucht es eine Kontextualisierung des Begriffs, damit keine Gleichsetzung statt findet und Ängste von sexuell missbrauchten Frauen nicht getriggert werden.
Es sollte auch beachtet werden, wann und unter welcher Prämisse man Personen ausschließt. Ging es hier wirklich darum einen Schutzraum zu schaffen, oder tatsächlich um die Ausübung von Repressionen und somit um das Schaffen eines Machtgefälles?

Für mich bedeutet Feminismus gemeinsame Stärke, die aus einem solidarischen Miteinander wächst und Empowerment. Das hat euer Statement leider nicht rüber gebracht. Bedingungslose Solidarität zu fordern, ist politisch einfach gefährlich. Sollten wir uns in der linken und besonders in den feministischen Zusammenhängen nicht solidarisch kritisieren können? Ist es nicht das, was Reflektionsprozesse auslöst, unsere Stärke ist und uns weiter bringt? Oder ist es ein Gleichschalten Wollen von Meinungen und alle die einem nicht passen, werden zu „Tätermeinungen“ und damit ausgeschlossen? Sollten wir uns nicht gemeinsam Diskussionen stellen und aus den uns ansozialisierten Rollenmustern ausbrechen und gemeinsam sprechen und streiten, als sich wieder in die Opferrolle zurück zu ziehen und so die K.O Karte zu ziehen um jegliche Handlung zu unterbinden? Ich finde, dass uns das keinesfalls weiter bringt und das auch nicht mein Ansatz von Feminismus ist. Wir brauchen gemeinsame Räume um uns über unseren gemachten Erfahrungen auszutauschen und daraus die Stärke zu gewinnen, die Konflikte aktiv im patriarchalen System auszutragen, um so Lernprozesse in Gang zu setzen.

Gerne stehe ich auch für persönliche oder öffentliche Diskussionen zur Verfügung.

Text Nr. 2

Titelbild: twitter.com/Mahriah/status/1000411990219743235


Veröffentlicht am 8. Januar 2021 um 15:56 Uhr von Redaktion in Feminismus

Ergänzungen

  • Krass. Übel, dass hier keine Perspektive von den Betroffenen vorkommt, die über das absolute Minimum hinaus geht. Täter:innenschutz fängt da an, wo der Kritik an Betroffenen viel und den Betroffenen kaum Raum eingeräumt wird. Da kann man Disclaimer einbauen, wie man will. Man bezieht damit Position.

  • Ist das euer Ernst? Wird hier grade ersthaft ein Statement einer, als Täter beschuldigten Person veröffentlicht, wärend die Perspektive von Betroffenen ausgespart und noch nicht mal erfragt wurde?!
    Wow addn.me … just wow!

    Täterschutz beginnt da, wo die Täter mehr Gehör finden, als die Betroffenen. Mehr muss man dazu eigentlich kaum noch sagen.

  • Krass. Übel gut, dass die Betroffenen hier Belege für ihre Vorwürfe in die comments posten könnten, die über das absolute Minimum eines Vorwurfs mit Sprachverbot zur Sache hinaus gehen.

  • Sprachverbot? Das ist ja wohl die übelste Frechheit! So läuft’s nämlich immer: Die soll erstmal beweisen, dass der Typ sich wirklich daneben benommen hat. Die Grundannahme ist erstmal, dass die Betroffene lügt.
    Was ihr hier für Sprachverbot haltet kommt genau daher. Wenn eine Betroffene in dieser Szene ihre Vorwürfe äußert, dann kann sie sich schon mal drauf einstellen, der Lüge bezichtigt, verleumdet, diskreditiert, gedemütigt und öffentlich fertig gemacht zu werden. Währenddessen darf jedes Trauma hundert mal durchlaufen werden, für nichts und wieder nichts, denn am Ende glaubt ja doch wieder keiner, dass die Kumpels auch sexistische Arschlöcher sein können. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

    Vielleicht hat ja jemand von der addn.me-Redaktion Lust, Stellung dazu zu beziehen, wie solche „Die Betroffenen sollen erstmal beweisen, dass sie nicht lügen“ Statements zum dem antisexistischen Selbstverständnis der Seite passen.

  • @JuJu Kann es sein, dass es genau das ist was verhindert werden sollte? Das Leute erfahren, dass es hier um eine kollektive Entscheidung ging, jemanden nicht in ein Sicherheits- oder Türkollektiv aufzunehmen, weil die Person nicht zu Trainings und Plena gekommen ist? Das hat nichts mit Sexismus zu tun.

    Das Vorgehen riecht einfach stark nach einer Racheaktion, weil man vom Kollektiv nicht akzeptiert wurde. Da ihr Buddy eine männlich gelesene Person ist (keine Ahnung ob er* sich als cis definiert), ist es natürlich sehr einfach dieses Spiel zu spielen.

    Wie kann in dieser Verbindung von „Täter“ gesprochen und noch dazu ein Sprechverbot über den Vorfall gefordert werden? Das hört sich nach einer strategischen Entscheidung an die an Problemlösung nicht orientiert ist. Das Wort „Täter“ soll die Assoziation von sexualisierter Gewalt auslösen. Da die Schilderung des Vorfalles, nämlich die rational nachvollziehbaren Nicht-Aufnahme der Person, dieser Assoziation entgegensteht, wird von vornherein ein Sprechverbot erteilt. Hier werden Strategien und Handlungsansätze missbraucht die sehr sinnvoll sind, wenn es um sexualisierte Gewalt geht. Das ist jedoch keine sexualisierte Gewalt. Und mit diesem Vorgehen werden wir weder das Patriarchat noch sexistische Verhaltensweisen überwinden können.

    Außerdem wurden viele, ohne überhaupt zu wissen was los ist zu Täterschützer*innen erklärt. Wie geht das denn, wenn man gar nicht weiß was genau los ist und auch kein Wille zur Aufklärng besteht? So kann einfach irgendetwas in den Raum gestellt werden und alle müssen zustimmen. Es geht dabei nicht um Argumente, Erkenntnis und schließlich Problemlösung, gerade im Sinne einer potentiell betroffenen Person, sondern es geht darum Urteile zu fällen. Ihr reproduziert das gleiche sexistische-männlich-dominante Schweinesystem von Überwachen und Strafen, welches ihr vorgebt zu bekämpfen.

    Weiterhin sei zu erwähnen: Für diese Aktion wurde ein kleines selbstorganisiertes Jugendfestival gekapert. In der […] Region von Sachsen. Wegen dieser Unfähigkeit sich hinzusetzen und das Problem zu klären, wurden Orgastrukturen in dieser Region überlastet und nachhaltig geschädigt. Schlimm ist auch, dass hier Women Defend Rojava Dresden benutzt wurde, um dem eigenen Ego eine Bühne zu geben und das ihr auch eure eigenen Genoss*innen benutzt und vorsätzlich über den vermeintlichen Vorfall getäuscht habt.

    Dieses Vorgehen ist absolut unpolitisch und es trägt nichts zu einer Problemlösung bei.

  • @Rosa Powers:
    Logisch, man kennts ja. Eine große Verschwörung, die aus wilden Gründen falsche Beschuldigungen in den Raum stellt um Unschuldigen zu schaden. Sollte man auf jeden Fall dringend glauben, bevor man in Erwägung zieht, Betroffenen zu glauben.

    Im Ernst: Hier geht’s einen Schritt weiter. Jetzt sind wir schon dabei, Betroffenen offen zu unterstellen zu lügen.
    Wie kann man so feindselig auf sowas reagieren und sich dann noch Fragen, warum Leute keinen Bock auf eine Auseinandersetzung mit einem haben.
    Jedes Mal die selbe Scheisze in dieser Stadt. Jedes Mal ist die Betroffene Schild, jedes Mal übertreibt sie. Jedes Mal wird sie vom Umfeld fertig gemacht und am Ende zieht sie weg und die Verursacher:innen gehen überall ein und aus und werden abgekumpelt. Wie oft wollen wir das noch durch ziehen? Ich habs so satt…

  • Ok, ich fass nochmal zusammen, was sich hier bisher abgespielt hat:

    Es gibt Leute, die fordern dass Betroffene erstmal zweifelsfrei den Inhalt von Gesprächen beweisen, bevor sich hier jemand mit irgendwas auseinandersetzt.

    Der Beschuldigte dürfte schon mal seine Sicht der Dinge darlegen, bevor die Betroffenen das tun und wieder andere wittern gar eine Verschwörung, die aus Wirren Gründen und mit böser Absicht den Beschuldigten fertig machen will und sonst nix. In jedem Fall lügen die Betroffenen aber, ihnen sollte nicht geglaubt werden und es gibt überhaupt keinen Grund sich mit irgendwas, des Gesagten auseinander zu setzen… Naja dann ist ja alles in Butter.

    Ich hoffe mal, die Leute, die das bei Indy gepostet und die, die es bei addn.me nochmal verbreitet haben, sind zufrieden mit dem feministischen und offenen Diskurs, den sie anstoßen konnten.

    Aber hey, wenn wir Glück haben, leisten vielleicht Handvoll Leute, die das jedes Mal tun, so viel emotional care, dass dieses Mal zur Abwechslung mal keine der Betroffenen so sehr resigniert, dass sie dieser „Szene“ den Rücken kehrt oder gleich ganz weg zieht. Gute Arbeit liebe DD Linke, wieder alle Aufmüpfigen auf die Plätze verwiesen. Bye.

  • @joju: glaubst du wirklich was du schreibst? du kennst den klüngel um die „betroffene“ und weißt das hier keine verschwörung sondern berechnung im spiel ist. das ist nicht das erste mal das haltlose vorwürfe aus der ecke kommen und die nächsten sind schon bestimmt griff bereit. seit doch ehrlich zu euch und gebt zu das das eine dumme nummer zu viel war. betroffene muss mensch ernst nehmen aber hier geht es um kapputte egos.

    @addn: bitte stellt den text des „täters“ wieder on. ohne den und mit jojus kommis ist der kontext für ausenstehende unklar.

  • @xyx ich kenne übrigens auch die Beschuldigten und weiß auch, dass einer davon zum mittlerweile dritten Mal in kurzer Zeit von drei verschiedenen Personen ähnlicher Komplexe beschuldigt wird. Aber hast Recht. Wird alles haltlos sein. Warum soll man sowas glauben…

  • Ein kleiner Kreis betreibt care Arbeit?? Damit redest du die Care Arbeit klein, die so viele Menschen jeden Tag leisten, denn man muss sich als weiblich gelesene Person jeden scheiß verdammten Tag mit patriarchalen Verhalten und Normen auseinandersetzen.
    Und ist dieser Anstoß einer Debatte vielleicht keine Care Arbeit? Das auf den Schirm zu holen und zu fordern, dass der Wust endlich mal wirklich aufgearbeitet wird um Diffamierungen auf allen Ebenen zu unterbinden?
    Und steck doch deine Energie jetzt nicht in tausend Kommentare, sondern in eine strukturelle Aufarbeitung.

  • Kurze Zusammenfassung: es gibt also Menschen denen etwas angetan wurde. Sie wollen aber nicht genau sagen, was und liefern ein sehr „alles und nichts“ sagendes Statement ab, mit der gleichzeitigen Bitte, dies auch nicht zu thematisieren. Das ganze in der Öffentlichkeit(?). Menschen die dabei waren und diesen Vorgang in Frage stellen, ob nun solidarisch oder nicht (unklar bleibt, wie die ganzen Beissreflexe hier in den Kommentaren zu Stande kommen, da es ja um eine Öffentlichmachung von sexistischen Übergriffen gehen soll und es für nicht involvierte überhaupt nicht nachvollziehbar ist (ja, auch ich raff es nicht) wieso dies nicht passieren darf) wird direkt auch eine Solidarisierung mit Täterb unterstellt.
    Ausserdem wird immer wieder darauf gepocht, dass Betroffenen kein Raum gegeben wird. Unklar bleibt warum, denn jeder kann im Internet schreiben und es ist anonym. Warum also nehmen sich bitte die Betroffenen nicht bitte ihren Raum und sagen endlich was sie wollen und wie es weitergehen soll? Raus aus der Opferperspektive rein in den Feminismus

  • Moini!

    Ich schäme mich fast schon ein bisschen, hier mit zu kommentieren. Aber was es hier zu lesen gibt tut in Teilen richtig weh und es kommt mir so vor, als würden sich Geschichten wieder und wieder gleich abspielen – Probleme immer wieder bei 0 beginnen.
    Darum möchte ich hiermit auch andere erfahrene Genoss*innen bitten, ihre Erfahrungen hier zu teilen und die Diskussion zu bereichern.
    Ich selbst zähle mich tatsächlich, zumindest auf dem Gebiet, als erfahrene Genossin.
    Ich bin 46 Jahre alt, war über 20 Jahre in verschiedenen Städten Teil der „Szene“, bin es eigentlich immernoch.
    Ich will mich mit dieser kurzen Selbstbeschreibung nicht zur „weisen Alten“ aufschwingen, mir ist es aber wichtig mich hier sichtbar selbst zu verorten um meinen Blickwinkel zu begründen.

    Es würde den Kommentarrahmen sprengen, würde ich versuchen, die ganze Scheisse aufzulisten, die mir in all den Jahren passiert ist, in einer linken Szene, die sich viel zu oft geläutert von sexistischen Mechanismen gab und gibt, in der es leider weiter viel zu oft passiert, dass Perspektiven von Betroffenen sexualisierter Gewalt oft unsichtbar gemacht werden. Gerade in Hinblick darauf, dass meine Kiddies älter werden ( und ich fest davon überzeugt bin, dass sie mal teil von politischen Kämpfen sein wollen 🙂 ) macht mir das eine richtige Angst, dass es kaum Fortschritte bei der Aufarbeitung solcher Themen gibt (nicht nur in eurer Stadt). Wir fordern immer alle auf, aus der Geschichte zu lernen und können es dann selbst nicht.

    Zur Sache im speziellen möchte ich auch gerne ein paar Worte loswerden, und ich hab da garkeine Lust mich inhaltlich auf das Statement von dem sog. Täter zu beziehen. Ich bin ein bisschen wütend und ich hoffe, dass ich mich in der Wortwahl nicht so sehr vergreife…
    Ich hab mir den Samstagmorgen Zeit genommen und alles in ruhe durchgelesen und würde mich gerne kurz auf diesen Aushang beziehen der auf dem Fest wohl vorgelesen/verteilt wurde.

    CW: Ich werde von meiner Position jetzt ein paar, bestimmt diskussionswürdige, Sachen sagen, die relativieren (sollen). Ich finde, ich darf das allein schon auf Grund meiner eigenen Vergangenheit mit patriarchaler Gewalt und den gefühlt tausend Debatten an denen ich beteiligt war.

    Ich finde ganz ehrlich… das sind doch alles Vorwürfe über die man reden kann, so es denn bei denen bleibt, die da auf dem Aushang formuliert werden. Sich ungefragt, wohlmöglich auch abfällig, über das Sexualverhalten einer Person äußern, ist ein ekelhaftes Verhalten und wer sich dessen noch nicht schuldig gemacht hat, werfe mal bitte den ersten Stein.
    Das bedeutet für mich nicht, dass so ein Verhalten vernachlässigbar ist, sondern, dass man das kritisiert sollte und die Auseinandersetzung damit sucht und Verbesserung erwirkt. Und das man in einer Linken die Benachteiligung von FLINT- Menschen klein redet ist mir unbegreifbar. Aber auch hier gilt: es kann doch auf jeden Fall darüber gesprochen werden und im Sinne einer solidarischen Kritik sollte man die Möglichkeit nicht zu 100% ausschließen, dass es sich um ein Missverständnis handelt oder die Person die solche Scheisse redet, zur Besinnung kommt und diese Scheisse revidiert.
    Der dritte Vorwurf liest sich auch so als hätte das besagt Kollektiv nen Schaden, wenn die einer Person die nach sexistischen Kriterien urteilt, den Rücken stärkt. Und ich finde, dass es unser Anspruch sein muss, so einen Mist aufzuklären, also diese Struktur offen zu kritisieren, die einzuladen, mit dem KONKRET GESCHEHENEN zu konfrontieren und mit denen zu arbeiten, auf dass es eine Einsicht überhaupt geben kann und Kollektive und Leuten auch die Möglichkeit gegeben wird, sich zu ändern.
    Stattdessen kommt es mir leider so vor als würde es sich hier ganzschön einfach gemacht werden. Es wurden Leute als Täter und Täterschützer benannt und sich danach weitergehend überhaupt garnicht geäußert dazu was überhaupt passiert ist, wenn ich das richtig lese. Und das macht mich richtig sauer.
    Ich/Wir sind damals schon dafür eingestanden, dass Menschen die sexualisierte Gewalt zu spüren bekommen haben, nicht tausend mal ihre Geschichte erzählen müssen, um sich nicht noch ohnmächtiger zu fühlen oder retraumatisiert zu werden. Da ging es um massive physische Übergriffe, um Grabschen,Vergewaltigungen etc. .
    Sorry, aber die Vorwürfe die hier im Raum stehen ( wie gesagt, so es bei denen bleibt) …das sind alles Sachen wo ich sage: da müssen wir doch gemeinsam kämpfen für uns selbst und eine gemeinsame Politik und gegen die gesellschaftliche Hirnverstümmelung die uns alle irgendwie zurichtet. Was soll es denn bringen, Leute wegen sowas auszuschließen? Was macht das denn besser? Slutshaming als die selbe Täterschaft mit den selben Konsequenzen zu begreifen, wie die Täterschaft einer Vergewaltigung ,spricht den Betroffenen von letzterem Hohn, und ich bin mir sicher, dass ich mir erlauben darf, das sagen zu können.
    Also lasst mal die Kirche im Dorf Leute, eine offenere Auseinandersetzung zu fordern ist etwas anderes als Betroffenen ihre Perspektive abzusprechen.
    Ganz ehrlich @JoJu, ich hoffe du bist nicht eine der Betroffenen und ich will dich nicht verletzen, aber ich finde dein Verhalten ist wirklich unter aller Kanone. Mit der Art und Weise wie du hier Kommentierst reproduzierst du mit deinen Allmachtsforderungen im schlechtesten Sinne das autoritäre Patriarchat. Du sagst im Prinzip inhaltlich garnichts argumentiertes sondern machst nur viele laute Vorwürfe die krass sind. Sowas ist für mich Macker*innenverhalten.
    Und ich finde es richtig Merkwürdig, dass du dich beschwerst, dass hier auf ADDN ein „Täterstatement“ gepostet wird, du aber nachdem es bereits gelöscht wurde (was ich ehrlich gesagt garnicht so richtig verstehe) auf die Diskussion auf Indymedia verweist, wo es ja weiter offen sichtbar ist. Was soll das?
    Da war ich jedenfalls auch und habe einen schönen Hinweis auf einen guten Textbeitrag einer feministischen Gruppe aus Dresden gefunden, den ich erfahrungsgemäß nur zustimmen kann:

    http://evibes.blogsport.de/2014/11/18/wir-arbeiten-nicht-mit-definitionsmacht/

    Ich wollte niemanden mit dem Text verletzen oder sonst zu nahe treten. Und ich entschuldige mich für die vielen Fehler, mein letzter Text ist eine Weile her.

    Mir war das wichtig, weil mir immer deutlicher wird: wir müssen uns gemeinsam solidarisch unseren Fehlern stellen, damit wir die ganze Scheisse, die von Tag zu Tag schlimmer zu werden scheint gemeinsam solidarisch bekämpfen müssen.

    Viel Kraft und Erfolg!
    Eure Chrissy

  • ich kann gar nicht nachvollziehen was hier passiert? ich habe die texte auf indymedia gelesen und irgendwie sind da soviele ungeklärte äusserungen drin.

    ich schreibe das jetzt hier, weil ich irgendwie komisch finde das diese auseinandersetzung auf indymedia stattfindet. ihr lebt doch einer stadt oder etwa nicht? gibt es keine möglichkeit in eurer stadt unter ausschluss der weltöffentlichkeit, diese auseinandersetzung zu führen? ist indymedia für „solidarische“ kritik bei so einem sensiblen thema die richtige plattform? Ich glaube nicht, haben wir in unserer stadt auch schon vor jahren gelernt.

    dann habe ich auch nicht verstanden, war das jetzt nun ein gruppenstatement oder von einzelpersonen wdrs? und wurde eigentlich die betroffene person gefragt, ob das i.o geht den aushang auf indymedia zu veröffentlichen? blos weil man einen kleinen asuhang macht, heisst das für mich nicht, dass es öffentlicht ist. das finde ich übergriffiges verhalten, egal was man von den statement hält oder nicht.

    wdr ist für mich eine internationale antipatriachale migrantische autonome frauenorganisierung. das ist doch die lösung aus kurdischen kontext dem patriachat den kampf anzusagen. das sind doch genau die menschen, den ich zuhören würde, wenn es um antipatriachale lösungen geht. mache ich zu mindesten als weisse frau bei antirassistischen themen auch, den betroffenen zu zuhören. und wenn sie entscheiden jemand nicht bei sich haben zu wollen, dann ist so. dann hat man das zu respektieren bis er sich so verhält wie es sich für genossen gehört. für mich fühlt es sich so an das es ein loyalitätsproblem ist mit den männlichen genossen anstatt einer solidarischen gemeinsamen antipatriachalen auseinanderstzung unter uns.

    @orga dieses jugendtreffs wie kann das sein, dass es so abgelaufen ist. in dem statement steht drin, dass kontakt zu euch aufgenommen wurde, also war euch diese auseinandersetzung auch bekannt, wenn ihr darüber geredet habt. da ist mir eure entscheidung unklar und wieso es dann alle so spontan getroffen hat, wie ich aus den texten lesen konnte. wo war da die awareness struktur?

    und zu euch typis kann ich nur sagen, gründet antipatriachale männlichkeitsrunden unter der beobachtung autonomer frauenorganisierung. und bildet euch texte, bücher und so gibts genug, da braucht ihr nicht die auseinandersetzung mit den betroffenen zu suchen. es ist eure aufgabe sich zu reflektieren und nicht unsere, wir haben tagtäglich den kampf gegen dieses scheiss patriachale system zu führen. kommt zu uns wenn ihr was erarbeitet habt und nicht, dass wir euch sagen müssen wie ihr euch zu verhalten habt.

    solidarische grüße an die frauen, die jetzt unter dieser auseinandersetzung leiden müssen.

    marie

    PS: und die redaktion, bei euch steht oben solidarische Berichterstattung aus Dresden. das war alles andere als solidarisch. ich weis zwar nicht ob ihr die leute dies betrifft angeschrieben habt, aber diese einseite berichterstattung abzudrucken finde ich unterste schublade. solidariät sieht bei mir anders aus.

  • Mir ist es unbegreiflich, dass es anscheinend nicht möglich sein kann eine Diskussion zu führen ohne ständig in diese „denkt doch mal an die Betroffenen“ Geschichte reinzufallen. Ja, wir denken alle ständig an die Betroffenen. Ja, wir wollen alle dass Dinge reflektiert werden. Ich erinnere mich aber auch an Zeiten, in denen es kein Problem gab mit einer kritischen Auseinandersetzung bestehender Konflikte. Wie kann es sein, dass Gruppen, welche zu einer emazipatorischen Praxis und Kritik/Selbstkritik aufrufen, nicht an einer Klärung interessiert sind? Wie kann es sein, dass immer mehr Täter geschaffen werden, aber diese nicht als das benannt werden und dennoch immer wieder intern zu Ausschlüssen aufgefordert wird? Wie kann es sein, dass es anscheinend keine funktionierende Awareness Struktur für solche Fälle gibt? Wenn ein Gruppenstatement nicht gut gelaufen ist, ist es dann nicht auch an der Gruppe dieses aufzuarbeiten? Es scheint so, als würden viele Genoss:innen denken als würden wir alle schon in einer politischen Idealgesellschaft leben. Das tun wir nicht. Was soll das denn?! Niemand ruft hier zum „Fackelmarsch“ gegen Betroffene auf, es werden kritische Fragen gestellt, ohne Wahrnehmungen in Frage zu stellen. Es wird sich immer darauf berufen, dass Betroffene sich rechtfertigen müssen. Wieso müssen sie das denn? Wieso wird genauso vorausgesetzt, dass ihnen nicht geglaubt wird? Egal wie oft geschrieben wurde, dass eine Vorgehensweise kritisiert wird, kommen hier einige immer wieder auf das absprechen der Wahrnehmung. Vielleicht ist das ja auch ein Punkt für eine Diskussion? Wie entsteht so was?

    Und ja, es ich gebe hier allen Recht, dass dies unglaublich ermüdend ist, aber wir müssen diese Diskussionen führen um zu einem besseren Vorgehen zu kommen. Ob diese Veröffentlichungsform die richtige ist, kann ich keine Meinung abgeben, da ich alle Punkte gut nachvollziehen kann. Nichts desto trotz muss es doch möglich sein diese Themen zu behandeln? Und generell allen direkt unsolidarisches Verhalten zu unterstellen empfinde ich als reaktionären Beissreflex. Unsolidarisch wäre es wenn sich niemand dafür interessieren würde, mMn. Soll es auf ewig weitergehen, dass solche Konflikte hinter vorgehaltener Hand erzählt werden und Betroffene und Beschuldigte sich nie wieder sicher in öffentlichen Räumen bewegen können? Sind wir nicht nach all diesen Definitionen alle Täter:innen und sollten alle an einer Aufklärung und Bildung interessiert sein? Ist nicht allen klar, dass öffentliche Räume, keine Schutzräume sind? Und dass sogar in Schutzräumen nicht alles fehlerfrei läuft? Sind wirklich alle von den Kommentierenden hier so frei von Fehlern oder sind wir nicht eigentlich alle der Doppelmoral unterlegen?
    Allerdings sehe ich es ähnlich wie Chrissy. Das sind alles Vorwürfe, die echt scheisse klingen, aber darüber kann man doch reden?! Und niemand sagt, das man den armen Männern hier alles abnehmen muss, natürlich haben wir auch alle mal die Schnauze voll von unbezahlter Bildungsarbeit. Aber entweder wir wollen gemeinsam was verändern oder wir werden auf ewig Lager aufschlagen und es uns in unseren kleinen realitätsfernen linken Szene Bubbles gemütlich machen. Interessant auch, dass bei so viel Betroffenheit in den Kommentarspalten, noch nicht einmal darauf hingewiesen wurde, wie privilegiert wir sind darin. Dass wir überhaupt darüber sprechen können. Wie wollen wir eine andere Gesellschaft erreichen, wenn wir nicht mal in der Lage sind eigene Konflikte zu klären?

    Entschuldigt bitte die mangelnde Struktur dieses Beitrags. Ebenso wenn der Tonfall hier manchmal frustriert und nicht ganz der richtige erscheint. Aber auch ich bin nicht mehr die Jüngste und kann es nicht fassen, dass wir anscheinend immer noch nicht weiter gekommen sind. Ich möchte niemanden damit persönlich angreifen oder die Wahrnehmung absprechen. Ich habe ewig nichts mehr geschrieben und möchte natürlich auch mich so gut es geht reflektieren.

    Trotzdem solidarische Grüße, auch wenn einige sie bestimmt nicht haben wollen,
    Ina

  • ihr beschwert euch, dass Leute das Weite suchen und nicht reden wollen, anstelle darüber nachzudenken, dass diese verbal krassen Angriffe hier gegen Gruppen und Einzelpersonen genau das Klima ist, warum wir alle die Fresse halten.

    Das hier ist die reinste Bühne hier für victim-blaming, Täter Opfer Umkehr und selbstauferlegter Handlungsunfähigkeit aka „es macht mich so WÜTEND dass mir niemand erklärt warum ich kacke sein soll ?!?!?!?!“ Die Zeit, die ihr verbrachtet ein 6-seitiges selbstmileidiges Manifest aufzusetzen (ja, ich hab es in word kopiert um nachzusehen) hättet ihr auch Artikel von Jeja Klein, Bilke Schnibbe und Kim Posster lesen können. Das wäre eine Art pro-feministische produktive Auseinandersetzung gewesen, anstatt den Diskurs um Gewalt in unseren Communitys Jahre zurückzuwerfen. Thanks for nothing.

    Niemand. Will. SO. Eine. Auseinandersetzung.

    Ich schließe mich meinen beiden Vorredner*innen an und verbleibe mit bissigen Grüßen.

  • Dieser ganze adddn.me Beitrag hier bildet leider nur eine Echokammer für die Perspektive derjenigen, die entweder als Ausübende von Sexismus genannt werden oder mit ihnen solidarische Menschen sind. Ist es Absicht, dass durch die Vorselektion hier Dritten kaum die Möglichkeit gegeben wird, sich in angemessener, informierter und reflektierter Art mit dem Ganzen zu beschäftigen, wenn schon so ein Weg gegangen wird? Alles, was hier passiert, ist, dass eine spezifische Sichtweise in die Öffentlichkeit getragen wird, um damit Meinungsbildung aus einer sehr problematischen Position heraus zu betreiben. Einer sinnvollen Auseinandersetzung wird damit jeglicher Raum genommen. Abgesehen davon, dass sich Außenstehende absolut kein Bild aus dem Konflikt machen können, frage ich mich, welche Mittel und Formen im Vorhinein gewählt worden, um einen Ausgleich zu schaffen. Eine E-Mail mit der Bitte um einen Austausch kanns ja nicht alleine machen, bevor man zur Veröffentlichung einer vorselektierten Auswahl an Stellungnahmen schreitet.

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