Feminismus

Sexismus als Partykracher in der Coswiger Börse

3. Dezember 2022 - 15:06 Uhr

Am Coswiger Bahnhof wurde vor zwei Wochen eine Bank mit der Inschrift: „Kein Platz für häusliche Gewalt“ aufgestellt. Anlass war der 25. November, der „Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen“. Aufgestellt wurde die Bank durch das Netzwerk für häusliche Gewalt für den Landkreis Meißen. Leider zeigt sich, dass die an sich begrüßenswerte Aktion nicht viel mehr als Stadtmarketing darstellt. An einer wirklich Auseinandersetzung mit dem Thema scheint die Stadt nicht interessiert. Zumindest lassen das mehrere Auftritte von Künstlern mit fragwürdigen Einstellungen zum Thema Sexismus vermuten.

Warum tue ich mich mit dieser Bank schwer?

Gastkommentar von Lenny Lanz (Lenny.Lanz@eclipso.de)

Im Rahmen des Coswiger Weihnachtsmarktes fand bspw. die Veranstaltung „Hirschwiesn meets Apres-Ski“ statt. Auf Plakaten wird dazu mit „DJ Robin“ und seinem „Song des Jahres – Layla“ geworben. In diesem Lied geht es um die „Puffmutter“ Layla, die „jünger, schöner, geiler“ ist.

Die Stadt Würzburg hatte das Lied im Juli als sexistisch eingestuft und deswegen auf einem Fest von ihrer Playlist gestrichen. Dies erregte nicht nur die Gemüter von AfD-Anhänger:innen und Layla-Fans, sondern sorgte auch für Kritik aus den Reihen der regierenden CSU. Die AfD in Rheinland-Pfalz bezeichnet den Vorfall als Bevormundung und Zensur, in einem Antrag an die Landesregierung wollten sie herausfinden, ob es weitere „Verbote“ gab.

Layla Fans widerum kommentieren unter dem Youtube Video, dass sie sich von den „Spaßbremsen den Spaß“ nicht nehmen lassen wollen. Do­minik de Léon hatte den Song unter anderem gezielt politisch inkorrekt produziert, um in Zeiten zu polarisieren, „in denen #MeToo noch in allen Köpfen steckt und die Genderdiskussion rauf und runter geführt wird“. Schließlich wird der sexistische Schlager-Hit zum Vehikel der extremen Rechten, die gegen „Cancel Culture“ und „mittelalterliche Hexenjagd“ Sturm läuft.

In Coswig geht es allerdings – nicht wie in Würzburg – nur um eine Playlist. Hier wird der DJ höchstpersönlich in das mit Steuergeldern unterstützte städtische Kulturhaus, die Börse, eingeladen und von Steuermitteln finanziert. Der zweite DJ des Abends heißt „Tobee“. Im Video zu seinem bekanntesten Song „Helikopter 117“ gibt es eine Szene, in der eine ältere Frau gezeigt wird, der von einer jungen männlichen Person an die Brüste gegrabscht wird, woraufhin diese sich wehrt und ihn ohrfeigt. Sexualisierte Gewalt also, die als Witz verstanden und dargestellt wird.

Es wäre etwas anderes, wenn diese Veranstaltung in einer privaten Einrichtung stattfinden würde. Das große Problem ist, dass die Stadt Coswig hier als Veranstalter agiert. Wobei die Stadt auch so schon einen problematischen Ruf genießt: Der PEGIDA-Kopf Lutz Bachmann ist hier ebenso groß geworden, wie die ehemalige PEGIDA-Pressesprecherin Kathrin Oertel.

2019 legte bei der ebenfalls von der Stadt Coswig veranstalteten Tanz- und Musikmeile, der rechtsradikale DJ Happy Vibes alias Andreas Hofmann auf dem Vorplatz des Rathauses auf. DJ Happy Vibes ist bekannt für seine rechte politische Haltung: 2016 initiierte er eine Petition, um eine Geflüchtetenunterkunft im Wilsdruffer Ortsteil Kesselsdorf zu verhindern und forderte einen Aufnahmestopp für die gesamte Kommune. Im Jahr zuvor hatte er auf einer Kundgebung der rechtsradikalen Partei Pro Chemnitz im Nachgang der rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz gesprochen und auch in diesem Jahr hatte er antisemitische Parolen im Wahlkampf in Heidenau verbreitet.

Alexander Hofmann bei Querdenken-Demonstration in Dresden am 31.10.2020″

Nicht zuletzt konnte in Coswig die AfD mit 29,9% der Erststimmen bei der Bundeswahl 2021 mit Abstand stärkste Kraft werden. Solange die Stadt für Sexismus, Rassismus und Antisemitismus eine Bühne bietet, bleibt Gleichstellung Symbolpolitik. Der politische Inhalt der Bank am Coswiger Bahnhof verkommt so zur reiner Deko.


Veröffentlicht am 3. Dezember 2022 um 15:06 Uhr von Redaktion in Feminismus

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