Freiräume

TU-Studierende mit Kritik an Patzelt

29. Januar 2015 - 12:33 Uhr - 7 Ergänzungen

Am Mittwoch hat eine Gruppe Studierender der TU Dresden auf dem Campus der Universität tausende Flugblätter verteilt, auf denen sie den Politikwissenschaftler Werner Patzelt für seine Äußerungen zu PEGIDA und den Gegenprotesten kritisieren. Die Studierenden bemängelten einerseits, Patzelt verharmlost die PEGIDA-Bewegung und warfen ihm vor, die rassistische Äußerungen, die offene zu Tage getretene Gewaltbereitschaft einiger Demonstranten und den Anstieg rassistisch motivierter Gewalt in den letzten Monaten zu ignorieren. Zum anderen wehrten sie sich gegen Patzelts Darstellung der Gegenproteste. Sie wiesen seinen Vorwurf als „unsinnig“ zurück, diese hätten durch „Feindbildpflege“ eine Mitverantwortung an den im Internet verbreiteten islamistischen Drohungen gegen einen der Organisatoren von PEGIDA, welche zu einem Versammlungsverbot geführt hatten.

Die Studierenden warfen dem CDU-Mitglied Patzelt vor, im Namen der Politikwissenschaft als politischer Akteur zu agieren und dabei PEGIDA zu verharmlosen. Patzelt hatte in der Vergangenheit immer wieder betont, bei den allwöchentlichen Veranstaltungen in Dresden keine Fremdenfeindlichkeit erkennen zu können. Vor kurzem schrieb er in einem in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlichten Aufsatz, es bedarf einer „Veredelung“ des Volkswillens, anstatt einer Ausgrenzung der islamkritischen Bewegung. Die Studierendengruppe widersprach dieser Darstellung scharf: Ausgegrenzt werde nicht PEGIDA, sondern geflüchtete Menschen. Bisher hatte sich aus akademischen Kreisen niemand zu Patzelts Einschätzungen geäußert, obwohl ihm empirische Studien deutlich widersprechen. Kritik hatten jedoch der Dresdner Künstler und ehemalige TU-Student Michael Bittner ebenso geäußert, wie der ehemalige Landtagsabgeordnete der GRÜNEN Miro Jennerjahn.

Einen Tag nach der Aktion positionierten sich auch Angestellte des Instituts für Politikwissenschaften der TU Dresden ersmals zu seinen Äußerungen. In einer Pressemitteilung kritisieren sie Patzelts verbale Angriffe auf Gegendemonstrationen, sowie seine Einschätzungen zum politischen Klima in Dresden. Es sei ihnen ein großes Anliegen, diejenigen in den Diskurs einzubeziehen, die sich „aufgrund ihrer Hautfarbe, ihres Aussehens oder ihrer Kleidung montags nicht mehr auf die Straße trauen„. „Im Vergleich dazu“, schreiben sie weiter, „erscheint uns die Rede von der ‚Ausgrenzung‘ derer, die mit großem medialen Echo wöchentlich für eine Vielzahl an teils rechtspopulistischen Forderungen auf die Straße gehen, wie blanker Hohn.“ Unterzeichnet ist das Schreiben von zwölf wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen und Professor_innen des Lehrstuhls für politische Theorie und dem Lehrstuhls für politische Didaktik.

Dokumentation des Flugblattes: Wer wird hier ausgegrenzt? – Eine Kritik an Herrn Patzelts Äußerungen über Pegida und deren Kritiker_innen


Veröffentlicht am 29. Januar 2015 um 12:33 Uhr von Redaktion in Freiräume

Ergänzungen

  • Professor Patzelt hat den PEGIDA-Demonstranten monatelang nach dem Munde geredet und sie in ihren Protesten unterstützt.

    In einem DNN-Interview am 09.12.2014 meinte er, dass wir „ … weder eine klare Einwanderungspolitik haben noch eine Integrationspolitik haben, die über die Aufforderung an die Bürger hinausgeht, nett zu sein und Flüchtlinge willkommen zu heißen …“. Dieselbe Zeitung zitierte Patzelt am 18.01.2015 mit der Äußerung, es „… sollte an konkreten Konzepten etwa für ein Zuwanderungsgesetz gearbeitet werden …“.

    Das klingt rhetorisch alles sehr verständig, doch hat Patzelt bisher fortlaufend die vorhandenen Regelwerke des Zuwanderungsrechtes ignoriert und Versuche der Aufklärung darüber verweigert. Er hat den Eindruck erweckt, man könne die Unterscheidung von Asylrecht und Zuwanderungsrecht ignorieren und diese Begriffe beliebig – unabhängig von rechtlichen Standards – verwenden. Er hat bewusst Hinweise auf völkerrechtliche Rahmenbedingungen und auf Bindung an Regelungen der Europäischen Union sowie an verfassungsrechtliche Vorgaben unterlassen. Damit hat er das Handwerk des politischen Populismus praktiziert und sich von den Minimalstandards des wissenschaftlichen Arbeitens entfernt.

    Es ist zu wünschen, dass Professor Patzelt bei den lokalen Medien in Dresden und Sachsen demnächst als Experte ausgedient hat. Noch aber wird er mancherorts wie ein Politologen-Papst gehandelt. Dem sollte die öffentliche Diskussion entgegenwirken.

  • Zunächst: Es ist erfreulich, daß die PEGIDA-Demonstrationen jetzt abgeebt zu sein scheinen.
    Natürlich muß das Ressentiment der PEGIDA-Demonstranten immer wieder kritisiert werden, manchmal hatte ich den Eindruck, Patzelt sei hier nicht hart genug. Andererseits unterstelle ich auch vielen Anti-PEGIDA-Demonstranten Ressentiments, eine oft kaum erträgliche moralische Rechthaberei, eine kaum zu fassende Gesprächsinkompetenz und eine Duldung von linksextremistischen Gewalttätern in ihren Reihen. Es scheint, daß bei PEGIDA gerne Kleinbürger demonstrieren gehen, während bei Anti-PEGIDA Mittelschicht mit Abstiegsängsten demonstrieren geht, der es zum Bedürfnis geworden ist, nach unten treten zu können.
    In der Hinsicht ist Anti-PEGIDA PEGIDA weit ähnlicher als es die meisten Gegendemonstranten glauben.
    Ich nehme auch Anti-PEGIDA nicht ab, besonders weltoffen zu sein.

  • @Ferdinand, dies hier ist sicherlich nicht der richtige Rahmen für einen Austausch. Dennoch würde mich interessieren, worauf du deine Äußerungen über nopegida-Teilnehmer stützt. Ich möchte tatsächlich keine Diskussion vom Zaun brechen, sondern nur verstehen lernen, weshalb Protest in Dresden so oft negativ dargestellt wird. Vielen Dank im Voraus.

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