Nazis

Ausschreitungen bei Protesten gegen Roma in Ostrava

30. August 2013 - 14:48 Uhr - 5 Ergänzungen

Bei den antiziganistischen Aufmärschen in acht tschechischen Städten ist es am vergangenen Wochenende zu Ausschreitungen gekommen. Während die Lage in Duchcov unmittelbar an der deutschen Grenze am letzten Samstag auf Grund eines Großaufgebots der Polizei relativ ruhig blieb, eskalierte in Ostrava die Situation, als mehrere hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Marsches von rund 1.000 Menschen versuchten, gewaltsam gegen die Roma-Minderheit in der Stadt vorzugehen. Bei den anschließenden Auseinandersetzungen mit den 300 Einsatzkräften wurden insgesamt 62 Personen festgenommen und etliche Menschen verletzt.

Wie das Nachrichtenportal romea.cz berichtet, waren zunächst rund 800 Nazis einem Aufruf der Nazigruppierung „Čeští lvi“ (Tschechischen Löwen) gefolgt und hatten sich vor dem Rathaus der Stadt versammelt. Nachdem sich die Nazis nach ihrer Kundgebung einer Demonstration gegen „Rassismus“ (!) anschließen konnten, versuchten etwa 300 von ihnen mit Stöcken und Steinen bewaffnet, in ein vor allem von Roma bewohntes Viertel durchzubrechen. Dabei griffen immer wieder vermummte Nazis die Polizei mit Feuerwerkskörpern, Rauchbomben, Flaschen und Steinen an. Im Vorfeld hatten in Ostrava rund 600 Menschen vor einer Kirche im Stadtzentrum gegen Nazis und Rassismus protestiert. Am Vorabend der Proteste hatte František Lobkowicz, der Bischof der Stadt, die Bevölkerung zu Versöhnung und ein Ende der Gewalt aufgerufen.

Obwohl Ostravas Oberbürgermeister Petr Kajnar gegenüber dem Radiosender Český rozhlas randalierende Nazis von außerhalb für die jüngsten pogromartigen Ausschreitungen verantwortlich machte, hatte der tschechische Inlandsgeheimdienst BIS in seinem jüngsten Vierteljahresbericht angesichts der aktuellen Spannungen zwischen der Mehrheitsgesellschaft und der etwa 200.000 Menschen zählenden Roma-Minderheit die „Normalbevölkerung“ als größtes Sicherheitsrisiko bezeichnet. Tschechiens sozialdemokratischer Innenminister Martin Pecina hatte nach Gesprächen mit Roma-Vertretern gestern angekündigt, in Zukunft an sozialen Brennpunkten verstärkt auf Gewaltprävention zu setzen und dazu die Zahl so genannter „Präventionsassistenten“ um mehr als die Hälfte zu erhöhen.

In der westböhmischen Stadt Plzeň hatten sich rund 150 Nazis zu einer vom „Svobodný odpor“ (Freier Widerstand) angemeldeten Demonstration eingefunden. Nach etwa 100 Metern wurden sie jedoch von der Polizei gestoppt und konnte nicht zu dem Ort gelangen, an dem sich am Vormittag etwa 300 Menschen gegen rassistische Gewalt eingefunden hatten. Die Polizei nahm auf Seiten der Gegenproteste 20 Personen fest, die zuvor die geplante Naziroute blockiert hatten. In České Budějovice beteiligten sich lediglich 100 Nazis an einer Demonstration gegen „Rassismus, Polizeigwalt und soziale Ungerechtigkeit“ (!). Nach dem Ende des Aufmarsches stoppte die Polizei 80 von ihnen bei dem Vorhaben, ein von etlichen Roma-Familien bewohntes Plattenbauviertel im Westen der Stadt zu stürmen.

Auch in zahlreichen anderen tschechischen Städten kam es zu kleineren Kundgebungen und Aufmärschen von Nazis. So versammelten sich in Duchcov wie schon im Juni etwa 300 Menschen zu einer Anti-Roma-Demonstration. Rund 500 Beamtinnen und Beamten verhinderten, dass 100 Nazis nach dem Ende ihrer Demonstration in das Roma-Viertel der Stadt gelangen konnten. In Děčín kamen knapp 80 und in Varnsdorf sowie Jičín etwa 40 Menschen zu Anti-Roma-Kundgebungen. In allen genannten Städten beteiligten sich neben Nazis auch Teile der tschechischen Normalbevölkerung an den Veranstaltungen.

Während die in diesen Städten am Tag der im Vorfeld angekündigten antiziganistischen Proteste abgesehen von Ostrava verhältnismäßig ruhig abliefen, zeigt ein Vorfall in Duchcov, dass die Lage für die Roma-Bevölkerung nach wie vor angespannt ist. So ermittelt die Polizei dort inzwischen gegen vier Teilnehmer der rassistischen Demonstration vom letzten Wochenende. Sie wirft ihnen vor, Scheiben und die Tür eines von Roma bewohnten Gebäudes zerstört zu haben. Zuvor soll eine Gruppe von zehn Anhängerinnen und Anhänger der tschechischen Nazipartei DSSS (Dělnická strana sociální spravedlnosti) aus einer Kneipe heraus immer wieder Roma-Angehörige provoziert und mit Feuerwerkskörpern beworfen haben.

Aktuelle Infos: romea.cz/en/ | antizig.blogsport.de

Ausschreitungen am 24. August in Ostrava:


Veröffentlicht am 30. August 2013 um 14:48 Uhr von Redaktion in Nazis

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