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Vorwürfe gegen Dresdner Polizei nach Brandanschlag

29. Dezember 2015 - 23:26 Uhr - 3 Ergänzungen

Nach dem Brandanschlag auf ein alternatives Wohnprojekt in Pieschen, haben die Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses der Polizei fehlende Ermittlungen vorgeworfen. Die Kriminalpolizei hatte nach dem Brand in der Nacht zum 24. Dezember gegenüber der Sächsischen Zeitung einen Brandanschlag ausgeschlossen, da sie vor Ort keine Anhaltspunkte dafür habe ermitteln können. Nach Angabe einer Bewohnerin hatte die Polizei bei ihrer Tatortbegehung lediglich einen Kohlehaufen und das aufgebrochene Fenster fotografiert. Sie kritisierte, dass weder ein Brandgutachter vor Ort, noch das aufgebrochene Fenster auf verwertbare Spuren untersucht worden war: „Sollte die Polizei nicht erst mal gründlich ermitteln, bevor sie ausschließt, dass es sich um Brandstiftung handelte?“

Aufgehebeltes Fenster in der RM 16Bislang Unbekannte hatten sich am 24. Dezember über ein Erdgeschossfenster Zugang zum Keller des Hauses verschafft und dort ein Feuer gelegt. Zuvor war der Versuch gescheitert, über ein Kellerfenster direkt in den Kohlenkeller zu gelangen. Nachdem der Brand von den im Wohnprojekt lebenden Menschen bemerkt worden war, alarmierten sie die Feuerwehr und löschten das Feuer. Nach Aussage der Feuerwehr sei eine Selbstentzündung der Kohlen ebenso auszuschließen, wie eine fahrlässige Entzündung durch eine Zigarette. Schon in der Vergangenheit war es immer wieder zu Angriffen auf das Haus in der Robert-Matzke-Straße 16 gekommen. Der Höhepunkt war ein Brandanschlag im August 2010, für den der inzwischen wieder freigelassene 21jährige Stanley Nähse im Jahr darauf wegen zehnfachen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung zu 7 Jahren und 10 Monaten verurteilt worden war.

Obwohl mittlerweile das Operative Abwehrzentrum (OAZ) die Ermittlungen in dem Fall übernommen haben soll, äußerte die Landtagsabgeordnete der Linken, Juliane Nagel, „Zweifel an der Sorgfalt und Objektivität der Ermittlungen“. In ihren Augen würden die vorliegenden Indizien „deutlich“ für einen durch externe Personen gelegten Brand sprechen. Für sie stellt sich die Frage, wie die Dresdner Polizei zu ihrer „offensichtlich voreiligen Erklärung“ kam, es habe sich nicht um einen Brandanschlag gehandelt. Mit einer an die Staatsregierung gerichteten Kleinen Anfrage soll nun „das Agieren der Polizei und die Hintergründe des Brandanschlages erhellt werden“.


Veröffentlicht am 29. Dezember 2015 um 23:26 Uhr von Redaktion in News

Ergänzungen

  • Spurensuche nach Feuer in Dresden

    Wo es auch ohne Brandgutachter geht

    Die Polizei sieht trotz aufgebrochenem Fenster beim Feuer in einem linken Wohnprojekt keine Hinweise auf Vorsatz. Das Projekt unterstützt Geflüchtete.

    HAMBURG taz | Die Dresdner Polizei war sich schnell sicher: Der Brand in dem alternativen Wohn- und Kulturprojekt RM16 im Stadtteil Pieschen war keine Brandstiftung. Eine Einschätzung, die die Bewohner des Hauses bezweifeln. Der Brand brach im Kohlenkeller aus, vorher versuchten Unbekannte dort erfolglos, ein Fenster aufzubrechen. Bei einem Erdgeschossfenster gelang der Einstieg.

    Die Bewohner bemerkten das Feuer in der Nacht zum 24. Dezember wegen der starken Rauchentwicklung. Sie riefen die Feuerwehr, konnten den Brand aber selbst löschen. Noch in der Nacht schloss die Feuerwehr eine Selbstentzündung der Kohle nahezu aus, ebenso eine fahrlässige Entzündung durch eine Zigarette.

    Die Bewohner bräuchten „sich doch nicht wundern, wenn sie so eine Werbung machen“, soll laut einer Bewohnerin ein Polizist gesagt haben. Eine Anspielung auf ein Transparent mit der Aufschrift „Refugees welcome“ an der Hausfassade.

    Die Beamten machten Fotos vom Kohlenhaufen und dem aufgebrochenen Fenster. „Und das war es denn auch schon“, sagt Anna, eine Bewohnerin, die ihren richtigen Namen nicht nennen will. Das Wohnprojekt wurde schon früher angegriffen. Im August 2010 wurde ein Molotowcocktail in das Haus geworfen. Der damals verhaftete Neonazi wurde wegen zehnfachen versuchten Mordes zu einer Jugendstrafe von sieben Jahren und zehn Monaten verurteilt. Damals hatte die Polizei umfassend Spuren gesichert.

    Dieses Mal sei kein Brandgutachter vor Ort gewesen und das aufgebrochene Fenster nicht auf Spuren untersucht worden, sagt

    eine Bewohnerin. Die Polizei sieht keine Hinweise auf eine vorsätzliche Brandlegung. Der politische Kontext des Hauses werde ausgeblendet, sagt Anna. Das Projekt unterstützt aktiv Geflüchtete.

    Zweifel an der Sorgfalt und Objektivität der Polizei hat auch Juliane Nagel, Landtagsabgeordnete der Linken. „Die Indizien sprechen offenbar deutlich für einen durch externe Personen gelegten Brand“, sagt sie. Nagel hat dazu im Landtag eine Anfrage gestellt.

    http://www.taz.de/!5260867/

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