Soziales

„Bündnis für Pflege“ demonstriert gegen Krankenhausabwrack in Dresden

8. Mai 2021 - 14:03 Uhr

Trotz Wind und Regen trafen sich am Mittwoch Aktivist:innen des „Bündnis für Pflege Dresden“ und der ver.di-Betriebsgruppe des Städtischen Klinikums vor dem Rathaus, um gegen das geplante Zukunftskonzept des Klinikums am Standort Trachau zu demonstrieren. Darin vorgesehen ist der Abbau von 97% der stationären Leistungen und 150 Betten. Im Unterschied zur Stadtverwaltung, die versucht, die Maßnahme als Ausbau des Krankenhauses zu verkaufen, sehen die Aktivist:innen und Beschäftigten darin einen faktischen Abbau des Angebots. Sie befürchten damit eine Gefährdung der medizinischen Grundversorgung im Stadtteil.

Von den widrigen Wetterbedingungen und der Öffentlichkeit geschützt, traf sich am Mittwoch im Rathaus der Stadt Dresden der Ausschuss für Gesundheit. Auf der Tagesordnung stand dabei das Zukunftskonzept des Krankenhauses Neustadt. Einhergehend mit dem Ausbaus des stationären Angebotes in Friedrichstadt, soll der Standort Trachau entsprechend der von der Stadt vorgesehenen Pläne künftig als rein ambulantes Krankenhaus dienen. Das Zukunftskonzept hat zur Folge, dass die Bettenkapazität der Städtischen Kliniken insgesamt um 125 reduziert wird.

Das „Bündnis für Pflege Dresden“ sieht mit der im Zukunftskonzept vorgesehenen Zentralisierung nicht nur die medizinische Versorgung im Dresdner Norden gefährdet, sondern mahnt auch an, dass die „medizinische Versorgung auf Kante zu nähen, gefährlich für alle“ sei. Insbesondere die Pandemie habe gezeigt, wie schnell Betten benötigt werden, argumentiert das Bündnis im Gespräch mit addn.me weiter. Gegenüber der Sächsischen Zeitung stimmte der Befürworter des Zukunftskonzeptes und Geschäftsführer der sächsischen Krankenhausgesellschaft, Stephan Helm, in soweit zu, dass heute kein Experte abschließend beurteilen könne, ob in Zukunft nun 100 Betten mehr oder weniger gebraucht werden.

Anlass für das Zukunftskonzept dürfte eher die finanziell schwache Lage der städtischen Krankenhäuser sein, als ein Interesse an einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung. Die Fusion des Krankenhaus Friedrichstadt und Neustadt zum städtischen Klinikum im Jahr 2017 führte entgegen der Erwartungen zu einem Minus von zwölf Millionen Euro im vorletzten Jahr. Ziel der Stadt ist es nun, mit der Umstrukturierung aus dem von Bund und Ländern geförderten Krankenhausstrukturfonds rund 450 Millionen zu beziehen. Der Fond sieht eine Förderung vor, wenn Kommunen ihre Krankenhäuser schließen oder Betten abbauen. Gegenüber addn.me bezeichneten die Aktivist:innen des Bündnisses den Krankenhausstrukturfond als „Krankenhausabwrackprämie“.

Und sie sehen eine weitere Gefahr. Bisher sind laut dem Bündnis keine Gelder zugesichert worden. Nur wenn dieses Geld bis 2035 nach Dresden fließt, können ihre Pläne eines Ausbau des Standortes Friedrichstadt gelingen. Und ob es die „Krankenhausabwrackprämie“ bis 2035 überhaupt noch gibt, ist angesichts der pandemiebedingten prekären finanziellen Gesamtsituation noch völlig unklar. Es besteht das Risiko, dass mit den Plänen zwar ein Standort faktisch geschlossen wird, aber der Ausbau nicht wie geplant stattfinden kann. „Der ‚ungedeckte Scheck‘ könnte dazu führen, dass das Städtische Klinikum einfach deutlich verkleinert wird“, erklärte das Bündnis gegenüber addn.me. 

Nicht nur in Dresden sorgt die Zentralisierung von Krankenhäusern für Kritik. Eine 2019 veröffentlichte Studie der wirtschaftsliberalen Bertelsmann Stiftung wollte das Krankenhaus-System endgültig ökonomischen Zwängen unterwerfen und argumentierte,  dass die medizinische Versorgung auch mit der Hälfte der Krankenhäuser möglich sei. „Nur Kliniken mit größeren Fachabteilungen und mehr Patienten haben genügend Erfahrung für eine sichere Behandlung“, erklärte die Autorin der Studie damals und plädierte für eine stärkere Zentralisierung. Widerspruch kommt hingegen von der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Insbesondere medizinische Grundversorgung wie Geburtshilfe oder Krankheitsbilder der Inneren Medizin müssen „möglichst familien- und wohnortnah in erreichbaren Krankenhäusern“ gewährleistet werden.


Veröffentlicht am 8. Mai 2021 um 14:03 Uhr von Redaktion in Soziales

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