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Dresden Ischen demonstrieren für russische Punkband Pussy Riot

26. April 2012 - 00:01 Uhr - 2 Ergänzungen

Am vergangenen Samstag versammelten sich in Dresden 20 Menschen spontan zu einer Solidaritätsaktion für die queer-feministische Punkband Pussy Riot aus Russland. Aufgerufen hatte die Gruppe „Dresden Ischen“, um sich so an der internationalen Solidaritätskampagne „Free Pussy Riot!“ zu beteiligen, die in über 40 Städten weltweit begangen wurde. Das russische Kollektiv hat sich zum Ziel gesetzt, die musikalische Subkultur Punk um emanzipatorische Ansätze zu erweitern und feministische, queere, ökologische, anti-nationalistische und anti-staatliche Diskurse zu etablieren. In den vergangenen Monaten hatten sie dazu mit selbstgemachten Stricksturmhauben, schrillem Outfit, Rauch und Pyrotechnik auf ihr Anliegen in der russischen Öffentlichkeit aufmerksam gemacht.

Mit ihrem Protest in Dresden wollten die Aktivistinnen und Aktivisten gegen die ihrer Meinung nach grundrechtswidrige Behandlung der Punkband protestierten, deren vermeintliche Mitglieder wegen Vorwurf des „Rowdytums“ nun schon seit mehreren Wochen in Untersuchungshaft sitzen. Bei einer Aktion kurz vor der Präsidentschaftswahl 2012 Ende Februar, hatten Mitglieder der Band unangemeldet in der Christ-Erlöser-Kathedrale ihren neuesten Song „Heilige Mutter Gottes, vertreib uns unseren Putin“ gespielt. Kurz darauf waren Mariya Alekhina und Nadezhda Tolokonnikova verhaftet worden. Am 15. März inhaftierte die russische Polizei mit Ekaterina Samucevich ein weiteres mutmaßliches Bandmitglied.

Etwa einen Monat später entschied am 19. April ein Gericht, alle drei Angeklagten ohne Angabe von Gründen weiter bis zum 24. Juni festzuhalten. Im anstehenden Prozess mit der Anklage wegen „Rowdytum“ ist ein Freispruch unwahrscheinlich. Nach dem russischen Hooliganparagrafen erwartet die drei Frauen Haftstrafen von bis zu 7 Jahren. Außerdem droht die Ermittlergruppe unter Leitung von Oberstleutnant Artem Radchenkov den beiden Müttern Mariya Alekhina und Nadezhda Tolokonnikova, das Sorgerecht für ihre Kinder zu entziehen.

Dagegen protestierten am vergangenen Samstag etwa 20 bunt verkleidete und vermummte Menschen mit einem Smartmob und forderten Freiheit für die drei inhaftierten Mitglieder der Punkband. Dazu wurde in den Räumen der Dresdner Frauenkirche ein Transparent präsentiert, Flyer verteilt und Musik von Pussy Riot abgespielt. Obwohl sich die Besucherinnen und Besucher trotz anfänglicher Irritation interessiert zeigten, wurde die Gruppe wenig später durch das Sicherheitspersonal der Frauenkirche gewaltsam aus der Kirche verwiesen. Später liefen sie „Free Pussy Riot“ rufend über den angrenzenden Neumarkt.

Eine Teilnehmerin der Aktion erklärte: „Das Verfahren gegen Pussy Riot fügt sich in die momentane repressive Situation in Russland ein. Trotz offensichtlichem Wahlbetrug wird Putin im Amt bleiben, Kritik am Präsident wird strafrechtlich verfolgt, wie der Fall Pussy Riot zeigt.“. Ein anderer Teilnehmer ergänzte: „Die für die Gesellschaft wichtige russisch-orthodoxe Kirche arbeitet eng mit dem System Putin zusammen. Die offizielle Staatsdoktrin verknüpft den aktuellen Geburtenrückgang mit den sogenannten „unmoralischen westlichen Einflüssen“ und schürt so Angst vor Homosexualität. Minderheiten, wie Schwule und Lesben, werden immer stärker unterdrückt, ausgegrenzt und gewaltsam verfolgt.“ In Russlands zweitgrößter Stadt St. Petersburg war Anfang Februar ein „Gesetz gegen Homosexuellen-Propaganda“ erlassen worden, welches jedes öffentliche Erwähnen von Homo- oder Bisexualität und auch Transgender unter der Androhung von empfindlichen Geldstrafen verbietet. Dieses Gesetz soll in Zukunft auch auf nationaler Ebene angewendet werden.

Impressionen von der Aktion in Dresden:

Lesenswerter Artikel mit vielen Hintergrundinformationen: Pussy Riot – Queer, feministisch und gefangen


Veröffentlicht am 26. April 2012 um 00:01 Uhr von Redaktion in Freiräume, Kultur

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