500 Menschen demonstrieren in Freital für ein solidarisches Miteinander
4. August 2015 - 00:40 Uhr - 2 Ergänzungen
Am vergangenen Freitag demonstrierten in Freital rund 500 Menschen für eine offene Gesellschaft und gegen die rassistischen Zustände der letzten Wochen (Fotos 1 | 2). Nachdem der Landkreis Sächsische Schweiz-Ostererzgebirge nach Drohungen aus der rechten Szene über soziale Netzwerke für die nähere Umgebung der Erstaufnahmeeinrichtung im Stadtteil Deuben ein generelles Versammlungsverbot ausgesprochen hatte, zogen am frühen Freitagabend mehrere hundert Menschen vom S-Bahnhof Potschappel über die Dresdner Straße bis zum Neumarkt, wohin das ursprünglich vor dem Heim geplante Straßenfest verlegt worden war. Während bekannte Nazis wie Christian Leister oder Tom Mischner am Rande immer wieder provozierten und erfolglos versuchten, zur Demonstration zu gelangen, war die Stimmung bei den zum großen Teil zugereisten Menschen solidarisch. Auf dem Neumarkt angekommen, fand zum Abschluss des Tages neben einem Livekonzert mit der Gypsi Mafia auch noch ein Trödelmarkt für Asylsuchende statt, bevor es für den überwiegenden Teil der Menschen wieder zurückging.
Die im Vorfeld angekündigte Nazimobilisierung konnte an mehreren Stellen beobachtet werden. So hatten bereits am frühen Nachmittag an nahezu jeder Ampelkreuzung Nazis Ausschau nach Gegendemonstrantinnen und Gegendemonstranten gehalten. Später provozierten immer wieder nicht nur klar als solche erkennbare Nazis (Fotos), sondern auch Teile der Freitaler Bevölkerung mit rechten Sprüchen und Hitlergrüßen. Doch trotz eines Flaschenwurfs und mehreren Beleidigungen, dürften die Proteste deutlich hinter den hoch gesteckten Erwartungen zurückgeblieben sein. Stattdessen fiel ein Großteil der anwesenden Nazis durch undeutliches Geschrei, starken Alkoholkonsum und den für Freital schon üblichen Böllerwürfen auf. Anders als noch im Juni hatte die Polizei, die mit 340 Einsatzkräften vor Ort war, die Lage jederzeit im Griff. In einem Fall verhinderte die Polizei den Versuch eines Nazis, mit einer abgebrochenen Bierflasche auf die Demonstration loszugehen. Der übrige Rest hatte sich da schon in unmittelbarer Nähe zum Treffpunkt der Antifa-Demonstration vor der Timba-Bar versammelt, um hinter einer übergroßen Deutschlandfahne gemeinsam alkoholische Getränke zu sich zu nehmen.
Abgesehen von einem Versuch, abreisende Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Potschappel anzugreifen, gelang es den Nazis an diesem Tag jedoch nicht, die Demonstration zu verhindern. Auch die vom Landratsamt prophezeiten Krawalle blieben aus. So blieb der Ort zumindest für wenige Stunden nicht in der Hand der Nazis. Wie schwierig und gefährlich die Situation für die in der Stadt untergebrachten geflüchteten Menschen aber auch ihr Unterstützerumfeld ist, lässt sich indes nur erahnen. Aus Angst vor Übergriffen konnten nur etwa 60 der insgesamt fast 400 Bewohnerinnen und Bewohner mit Autos zu dem für sie organisierten Straßenfest auf dem Neumarkt gefahren werden. Besonders die kleinsten unter ihnen freuten sich anschließend ausgelassen über die zahlreichen mitgebrachten Geschenke und Spenden. Als am Abend schließlich der Lautsprecherwagen zusammen mit einem Autokonvoi die Heimreise antreten wollte, wurden die Personalien des Fahrers von der Polizei aufgenommen. Vorwurf: Er soll von seinem Wagen aus ein Lied mit der Textzeile „Feuer und Flamme den Abschiebebehörden“ abgespielt haben. Irgendwas findet sich in Sachsen immer.
Weiterer Artikel: Im Feindesland
Veröffentlicht am 4. August 2015 um 00:40 Uhr von Redaktion in Antifa