Nazis

Stadt verlegt Nazikundgebung (Update 12.02.)

31. Januar 2014 - 21:26 Uhr - Eine Ergänzung

Die von den Nazis für den 13. Februar ab 18 Uhr angemeldete Kundgebung auf dem Neumarkt wurde verlegt. Das teilten die Verantwortlichen der Stadt heute in einer Pressemitteilung mit. Begründet wird die Entscheidung mit §15 Abs. 2 des Sächsischen Versammlungsgesetzes (SächsVersG). Danach können Veranstaltungen verboten oder eingeschränkt werden, wenn diese an einem Ort von historisch herausragender Bedeutung stattfinden. Dazu zählen neben Orten, an denen Menschen Opfer nationalsozialistischer oder kommunistischer (!) Gewaltherrschaft geworden sind oder Widerstand geleistet haben auch solche, die pauschal an „Opfer eines Krieges“ erinnern sollen. Im Gesetz selbst werden als Beispiele dafür lediglich das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig sowie der Neumarkt und die Frauenkirche benannt.

Während sich die Stadt zum neuen Kundgebungsort bedeckt hält, wurde in lokalen Medien bereits über den von der Stadt zugewiesenen neuen Veranstaltungsort spekuliert. Nach diesen Einschätzungen soll die rechte Kundgebung außerhalb der für diesen Tag geltenden Schutzzone auf dem Sternplatz in der Wilsdruffer Vorstadt stattfinden, an dem Ort also, an den es die Nazis schon 2012 einmal fast geschafft hätten. Für die Wahl des Platzes spricht der Spielplan des Kabarett-Theaters „Herkuleskeule“, welches am 13. Februar in Neustrelitz zu Gast sein wird. Da die Nazis schon im Vorfeld angekündigt hatten, sich gegen ein Verbot oder eine Verlegung gerichtlich zur Wehr zu setzen, ist die Entscheidung der Stadt noch nicht endgültig.

Fest steht, dass am 13. Februar, wie in den letzten Jahren auch, um 14 Uhr der von Falk Neubert (Die Linke) angemeldete Mahngang Täterspuren des Bündnisses „Dresden Nazifrei“ auf dem Schützenplatz mit einer Kundgebung beginnen soll. Von dort soll es nach Angaben des Bündnisses über den Wettiner Platz, Ammonstraße und Budapester Straße bis zum Hauptbahnhof gehen. Darüber hinaus wir es ab 16.30 Uhr eine Demonstration des StuRa der TU Dresden geben, die vom Münchner Platz zum Hauptbahnhof führen soll. Unter dem Motto: „Dresden steht zusammen. Wir sind dabei.“ rufen der Deutsches Gewerkschaftsbund (DGB) und die Evangelische Kirche der Stadt im Anschluss an die Menschenkette zum „friedlichen Protest in Hör- und Sichtweite des rechtsextremistischen Aufmarsches“ auf. Insgesamt liegen der Stadt für dieses Jahr bislang neun Anmeldungen vor, zudem wird es wie in der Vergangenheit auch, eine offizielle Gedenkveranstaltung auf dem Heidefriedhof geben.

(Update 07.02.)

Das Dresdner Verwaltungsgericht hat heute die Verlegung der auf dem Neumarkt angemeldeten rechten Kundgebung bestätigt. Mit ihrem Eilantrag vom vergangenen Dienstag wollten die Nazis erreichen, zumindest in unmittelbarer Nähe zum Neumarkt und der Frauenkirche eine Kundgebung abzuhalten. Die 6. Kammer des Gerichtes begründete seine Entscheidung jedoch nicht mit dem Sächsischen Versammlungsgesetzes (SächsVersG), sondern damit, dass am gleichen Ort bereits andere Versammlungen angemeldet und von der Stadt genehmigt worden sind. Für das Gericht sei „nicht ersichtlich“ gewesen sei, „dass die geplante Versammlung von der Behörde gegenüber anderen […] Veranstaltungen im konkreten Fall hätte bevorzugt behandelt werden müssen“.

Kritik erntete die Versammlungsbehörde der Stadt allerdings mit ihrer Entscheidung, die rechte Kundgebung auf den Sternplatz zu verlegen. Auch den Nazis müsse, so das Gericht, ein „würdevolles Gedenken“ an die Opfer der Bombardierung ermöglicht werden. Aus diesem Grund lehnte das Gericht den von der Stadt zugewiesenen Platz ab und verlegte die Kundgebung auf eine nicht näher benannte „Freifläche in einem Bereich der Dresdner Innenstadt“. Einem Ort also, der ebenfalls von den Bombardierungen im Februar 1945 betroffen gewesen ist und damit einen „ausreichenden Bezug zur Zerstörung der Stadt aufweisen“ kann. Für die Nazis aber auch die Versammlungsbehörde besteht nun die Möglichkeit, Beschwerde gegen diese Entscheidung beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen einzulegen. Die Pläne, eine ursprünglich für den 13. Februar angemeldete Demonstration unter dem Motto „Den Toten eine Stimme geben“ durchzuführen, waren erst am 10. Januar vom Anmelder der rechten Veranstaltung geändert worden.

Die noch immer unklare Situation macht auch eine Planung des Großeinsatzes am 13. Februar für die Polizei schwierig. Insgesamt, so Dresdens Polizeipräsident Dieter Kroll gegenüber den Dresdner Neuesten Nachrichten, stehen der Stadt in diesem Jahr 28 Hundertschaften zur Verfügung, hinzu dürften noch mehrere hundert Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei kommen. Da sich die Polizei auch auf Grund einer möglicherweise sehr kurzfristigen gerichtlichen Entscheidung „auf unterschiedliche Szenarien vorbereiten“ muss, sei eine ursprünglich angedachte Reduzierung bei der Zahl der Einsatzkräfte vorerst vom Tisch. Ein Novum ist der Einsatz von elf Beamtinnen und Beamten der Polizeidirektion Dresden, die nach einer im Januar absolvierten „einwöchigen Ausbildung“ am 13. Februar in „Kommunikationsteams“ zusammen mit Kräften aus anderen Bundesländern „deeskalierend wirken sollen“.

(Update 11.02.)

Inzwischen gibt es Meldungen, wonach die Nazis vorhaben, sich bereits am 12. Februar in der Dresdner Innenstadt für einen Aufmarsch zum Hauptbahnhof vor der Semperoper zu versammeln. Sicher ist, dass es für den Tag tatsächlich eine Anmeldung gibt, fest steht aber auch, dass der weitere Verlauf auch von der Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen abhängt. Der Anmelder der rechten Versammlung hatte gestern Beschwerde gegen den Beschluss des Dresdner Verwaltungsgerichtes eingelegt. Nun besteht bis heute Nachmittag auch für die Versammlungsbehörde der Stadt noch die Möglichkeit, sich dazu zu äußern. Das Gericht wird voraussichtlich erst am Mittwoch über die Beschwerde entscheiden. Danach würde den Nazis theoretisch nur noch der Weg nach Karlsruhe zum Bundesverfassungsgericht (BVerfG) offen stehen.

Obwohl seit Tagen immer wieder kleine Gruppen von Nazis im Rahmen ihrer „Aktionswoche“ in der Dresdner Altstadt unterwegs gewesen sind, ist die Resonanz auf ihre Aktionen deutlich geringer, als noch in den vergangenen Jahren. Nachdem sie am Sonntag nach einem kurzen Stadtrundgang Kerzen auf der Neustädter Elbseite angezündet hatten, beleidigten einige von ihnen an der Neuen Synagoge das Wachpersonal und provozierten wenig später die eingetroffenen Beamtinnen und Beamten. Am Montag schließlich versammelten sich in den frühen Abendstunden auf dem Georg-Treu-Platz etwa zwanzig Nazis, um mit einer Mahnwache an die „Unkultur des Vergessens“ zu erinnern.

Als Reaktion auf die Presseberichte haben inzwischen sowohl „Dresden Nazifrei“ als auch die Undogmatische Radikale Antifa (URA) für Mittwoch dazu aufgerufen, sich ab 17.30 Uhr auf dem Theaterplatz zu einem „Warm Up!“ zu treffen. Dort wird es dann auch die letzte Infos und Aktionskarten für den 13. Februar geben. Ebenfalls am Mittwoch findet bereits um 15.30 Uhr ein von den Falken organisierter kritischer Rundgang mit dem Historiker Swen Steinberg auf dem Heidefriedhof statt. Das Ziel des Rundgangs soll es sein, vor Ort gemeinsam die „Konstruktion von Geschichtspolitik“ zu diskutieren und das „Arrangement von Gedenkorten“ näher zu beleuchten.

(Update 12.02.)

Der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichtes in Bautzen hat soeben den Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 7. Februar bestätigt. Die Nazis haben nun zumindest offiziell keine Möglichkeit mehr, sich am 13. Februar auf dem Neumarkt zu versammeln. Das Gericht begründete seine Entscheidung ebenfalls mit Sicherheitsbedenken und Lärmbelästigungen für das parallel auf dem Platz angemeldeten Gedenken der „Gesellschaft zur Förderung der Frauenkirche“. In seinem Beschluss gab das Gericht jedoch der Kritik des Anmelders an der vom Verwaltungsgericht vorgeschlagenen Verlegung der Kundgebung auf den Wiener Platz teilweise recht. Die Stadt muss daher den Nazis für den Zeitraum zwischen 12 und 15 Uhr einen der drei folgenden Plätze in der Innenstadt zur Verfügung stellen: Schloßplatz, Altmarkt oder Postplatz. Der Veranstalter der rechten Kundgebung hat jetzt bis heute 17 Uhr Zeit, die zeitliche Verschiebung zu akzeptieren. Falls der Vorschlag abgelehnt wird, bleibt es bei dem vom Verwaltungsgericht festgelegten Versammlungsort auf dem Wiener Platz.

Für heute Abend haben mittlerweile auch Kirchenverbände, Gewerkschaften und der Ausländerrat Kundgebungen und Mahnwachen in der Stadt organisiert. Das Bündnis „Dresden Nazifrei“ ruft dazu auf, sich um 17.30 Uhr auf dem Theater- und Postplatz einzufinden. Auf der bis 23 Uhr auf dem Theaterplatz angemeldeten rechten Kundgebung werden mindestens 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet. Aktuelle Informationen des Antifa Recherche Teams (ART) über Naziaktivitäten findet ihr unter demoticker.org oder beim Kurznachrichtendienst Twitter. Darüber hinaus gibt es, wie im vergangenen Jahr auch, einen Ticker bei linksunten.indymedia vom antifaschistischen Informationsdienst Dresden (AID), der euch an beiden Tagen über die Aktivitäten gegen den Naziaufmarsch und die Gedenkveranstaltungen informieren wird. Am Donnerstag wird dann auch für diejenigen unter Euch, die ohne Telefon unterwegs sein sollten, coloRadio den ganzen Tag über auf 98,4 und 99,3 MHz live aus der Stadt berichten.


Veröffentlicht am 31. Januar 2014 um 21:26 Uhr von Redaktion in Nazis

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