Soziales

Dresden stellt die Mietenfrage

1. Juli 2021 - 20:33 Uhr

Ein breites Bündnis aus Mieterverein Dresden und Umgebung , DGB Sachsen, der Volkssolidarität und dem Dresdner Bündnis „MietenwahnsinnStoppen!“ hat sich in Dresden zusammengeschlossen und am 19. Juni am bundesweiten Aktionstag „Mietenstopp“ beteiligt. Zur symbolträchtigen Uhrzeit 5 vor 12  wurde zum einen der Dresdner Zusammenschluss besiegelt und zum anderen eine Umfrage unter dem Motto: „Dresden stellt die Mietenfrage“ gestartet.

Bereits mehr als 80 Organisationen haben sich bundesweit unter der Forderung eines „Mietenstopp“ zusammengeschlossen. Das zentrale Anliegen ist das Einfrieren der Mieten für die Dauer von sechs Jahren. Auch in der Erklärung des Dresdner Zusammenschlusses ist der Mietenstopp eine von drei Kernforderungen. Die Notwendigkeit eines Mietenstopps auch in Dresden begründet der Zusammenschluss mit dem immer stärkeren Druck der auf dem Wohnungsmarkt lastet. Die Mieten seien in den vergangenen zehn Jahren mit 29,8% erheblich gestiegen, sogar deutlich stärker als bundesweit (+12 %). Die Dresdner Haushalte müssten immer mehr Geld von ihrem verfügbaren Einkommen für die Miete aufbringen.

Während viele Menschen mit Einkommensverlusten zurechtkommen mussten, seien auch in der Corona-Pandemie die Mieten vielfach weiter gestiegen. Obwohl es ganz offensichtlich eine Krise des Wohnens gibt, ist ein prinzipieller Kurswechsel nicht in Sicht. Der Zusammenschluss möchte daher Druck auf politische Entscheider:innen ausüben. Dazu startete am vergangenen Samstag auch eine Umfrage unter dem Motto „Dresden stellt die Mietenfrage„. In dem Fragebogen wird z. B. die Meinung der Dresdner Mieter:innen zu einer aktiveren Rolle der Stadt Dresden auf dem Wohnungsmarkt, zur Vergesellschaftung großer Immobilienunternehmen wie Vonovia SE & Co. und das Einfrieren der Mieten für die nächsten sechs Jahre bzw. das Absenken überhöhter Mieten auf das Niveau des aktuellen Mietspiegels abgefragt. Der Fragebogen kann online oder analog ausgefüllt werden. 

Die Chance auf eine aktivere Rolle der Stadt Dresden auf dem Wohnungsmarkt war am 10. Juni auch Gegenstand einer Debatte im Dresdner Stadtrat. Vor dem Hintergrund der geplanten Fusionierung der Vonovia AG und Deutsche Wohnen hatte die Fraktion der Dissidenten in einem Eilantrag den Oberbürgermeister aufgefordert, mit der Vonovia AG in Verhandlungen zu treten, um negative Auswirkungen für die Mieter:innen abzuwenden. Oberbürgermeister Dirk Hilbert hat diesen Eilantrag mit einem Ersetzungsantrag zum Erwerb von bis zu 5.000 Wohnungen aus dem Bestand der Vonovia oder der Deutschen Wohnen für die städtische Wohnungsbaugesellschaft „Wohnen in Dresden“ (WiD) noch überboten. Die FDP brachte ebenfalls einen Ersetzungsantrag ein, der „den Ankauf von Wohnungen auch durch Genossenschaften, Wohnungsbauunternehmen oder die Mieter selbst“ ermöglichen soll. Die WiD als einzige Käuferin und damit ihre Stärkung durch eine Vergrößerung des städtischen Wohnungsbestandes lehnt die FDP als „neues WOBA-Abenteuer“ ab. Der Block aus CDU, FDP, AfD und Freie Wähler votierte schließlich für den Ersetzungsantrag der FDP. Auch der OB stimmte für den Ersetzungsantrag der FDP, seinen eigenen stellte er nicht mehr zur Abstimmung. Mit einem Ergebnis von 36:35 wurde der Antrag angenommen.

Mit der CDU-Fraktion stimmte auch Manuela Graul, ursprünglich für das Bündnis Freie Bürger in den Stadtrat gewählt. Sie ist ehrenamtlich aktiv in der Volkssolidarität und hat mit der Sozialen Frage und Mietenpolitik ihren Wahlkampf bestritten. Dass sie nun mit der CDU gegen eine Stärkung der WiD stimmte, steht zum einen im Widerspruch zu ihren Wahlversprechen und zum anderen im Widerspruch zur Erklärung des Dresdner Zusammenschlusses, von dem die Volkssolidarität ein Teil ist. Neben dem Mietenstopp für sechs Jahre wird darin auch gefordert, dass sich „Bund, Länder und Kommunen wieder verstärkt ihrer Verantwortung als Anbieter günstiger öffentlicher Wohnungen bewusst werden müssen.“

Die Mietenumfrage des Mietenstopp-Zusammenschlusses wird begleitet mit einem monatlich stattfindenden „Offenen Mietentreff„. Jeden 1. Montag im Monat sind Mieter:innen eingeladen, selbst gegen die Probleme am Mietmarkt aktiv zu werden. Hierzu erkärt die Pressesprecherin von Mietenwahnsinn stoppen gegenüber addn.me: „Bei unseren zahlreichen Gesprächen mit Mieter:innen erleben wir oftmals eine Ohnmacht gegenüber Vermieter:innen. Falsche Betriebskostenabrechnungen, undurchsichtige Mieterhöhungen oder kurzfristige Kündigungen lassen viele ratlos zurück. Rechtsstreitigkeiten dauern meist Jahre und können mit hohen Kosten verbunden sein. Dem wollen wir die Geschlossenheit der Mieter:innen entgegensetzen und uns gemeinsam unterstützen. In den letzten Jahren sind in Dresden bereits zahlreiche Mieter:innenzusammenschlüsse entstanden. So konnte die Vonovia Mieter:innen-Vernetzung in diesem Jahr u.a. erreichen, dass von Vonovia nachgewiesen werden muss, wie Betriebskosten zustande kommen. Das Landgericht Dresden verurteilte das Immobilienunternehmen dazu alle Rechnungen und detaillierten Leistungsverzeichnisse vorzulegen.

Der Sammelzeitraum für die Umfrage endet Anfang September. Die Ergebnisse plant der Zusammenschluss zum Mietenstopp mit den sächsischen Kandidat:innen zur Bundestagswahl auf einer Podiumsveranstaltung zu diskutieren. „Je mehr Mieter:innen mitmachen, umso höheren Druck können wir auf die aktuell einseitig vermieterfreundliche Politik ausüben. Beispiele wie die Kampagne Deutsche Wohnen & Co enteignen in Berlin zeigen, was alles möglich ist. Angesichts der Anfang Juni bereits mehr als 150.000 gesammelten Unterschriften hat der Berliner Senat angekündigt, mehr als 20.000 Wohnungen von Vonovia und Deutsche Wohnen zurückkaufen zu wollen“ so der Pressesprecher des Dresdner Mietenstopp-Zusammenschlusses abschließend.


Veröffentlicht am 1. Juli 2021 um 20:33 Uhr von Redaktion in Soziales

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