Soziales

Trotz Aufenthaltstitel: Gewaltsame Abschiebung in Tolkewitz

20. Oktober 2017 - 11:39 Uhr

Nur wenige Wochen nach der gewaltsamen Abschiebung einer Familie aus dem Dresdner Hechtviertel, kam es in der Nacht zum Donnerstag in Tolkewitz erneut zu einer brutalen Abschiebung, bei der mehrere Menschen verletzt wurden. Als die Polizei die Mutter und ihre insgesamt acht Kinder im Alter zwischen 2 und 16 Jahren gegen Mitternacht gewaltsam aus ihrer Wohnung holte, wurden außerhalb des Gebäudes mehrere Menschen von der Polizei angegriffen, die mit Sitzblockaden die Abschiebung verhindern wollten. Während die Dresdner Polizei im Nachgang lediglich von einem „Abdrängen“ und zwei Personalienfeststellungen wegen vermeintlicher Widerstandshandlungen sprach, musste sich eine Person mit einem Schädel-Hirn-Trauma zur ärztlichen Behandlung in ein Krankenhaus begeben.

Nach Angaben von Augenzeuginnen und Augenzeugen hätte sich im Verlauf der Abschiebung auch auf Nachfrage kein Einsatzleiter zu erkennen gegeben. Medienvertreter berichteten zudem über „äußerst aggressive“ Beamtinnen und Beamte, die immer wieder versucht hätten, sie in ihrer Arbeit zu behindern. Während der 16jährige Sohn der Familie von der Polizei fixiert in einen bereitstehenden Kleinbus gebracht wurde, stand die 37 Jahre alte Mutter der acht Kinder sichtlich unter Schock. Im Verlauf des Abends war es aus der Nachbarschaft parallel dazu nicht nur zu Beschimpfungen, sondern auch zu Drohungen gegen die vor Ort versammelten Unterstützerinnen und Unterstützer der Familie gekommen.

Wie der Sächsische Flüchtlingsrat im Nachgang berichtete, war der Familie zuvor von der Härtefallkommission unter Leitung des Sächsischen Ausländerbeauftragten Geert Mackenroth (CDU) ein Aufenthalt zugesprochen worden. Dieser war jedoch im Juni vom Sächsischen Staatsministerium des Inneren (SMI) kollektiv widerrufen worden, da der Vater der Familie in seiner Abwesenheit in Montenegro zu einer viermonatigen Gefängnisstrafe verurteilt worden war. Das Innenministerium begründete seinen Widerruf damit, dass der Vater der „Stammberechtigte“ der Familie sei und sich der Aufenthalt aller Familienmitglieder von seinem Status ableite. Der Flüchtlingsrat hatte daraufhin dem Ministerium eine Kollektivbestrafung vorgeworfen und zugleich eine „Aufhebung der Wiedereinreisesperre“ gefordert.

Nachdem der Asylantrag für die im Januar 2015 eingereiste Familie im September 2015 abgelehnt worden war, hatte ein Vertreter für die Liga der Freien Wohlfahrtspflege den Fall im vergangenen Jahr in der Härtefallkommission eingereicht. Der Vorsitzende der Diakonie Sachsen, Oberkirchenrat Christian Schönfeld, bezeichnete das Vorgehen des Ministeriums, den Aufenthalt zu widerrufen, als „juristisch fragwürdig“. Ungeachtet der Kritik war die Familie nach Angaben der Sächsischen Zeitung bereits am Donnerstagnachmittag von Frankfurt am Main in den Kosovo abgeschoben worden. Am Folgetag versammelten sich noch einmal etwa 80 Menschen zu einer knapp einstündigen Kundgebung vor dem Ministeriumsgebäude, um damit gegen die gewaltsame Abschiebung zu protestieren.

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Veröffentlicht am 20. Oktober 2017 um 11:39 Uhr von Redaktion in Soziales

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