Antifa

Dresden kann auch anders

31. August 2015 - 12:09 Uhr

Für Samstag hatte das Bündnis „Dresden Nazifrei“ aus Anlass der Ereignisse von Heidenau eine Woche zuvor gemeinsam mit zahlreichen Gruppen zu einer bundesweiten Großdemonstration nach Dresden geladen. Trotz des juristischen Hickhacks im Vorfeld, bei dem das Landratsamt Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zunächst sämtliche Veranstaltungen in Heidenau verboten hatte und ein Willkommensfest für die in der Stadt untergebrachten Asylsuchenden erst von einem Studenten über den Gerichtsweg erstritten werden musste, versammelten sich am frühen Nachmittag mehrere tausend vor allem junge Menschen und Familien vor dem Hauptbahnhof, um von dort bis zum Neustädter Bahnhof zu ziehen (Fotos 1 | 2 | 3). Die erfolgreiche Mobilisierung lag dabei nicht nur an vielen von außerhalb angereisten Menschen, sondern wie schon bei der Solidaritätsdemonstration nach den rechten Übergriffen auf der Bremer Straße auch an einer großen Zahl von Dresdnerinnen und Dresdnern. Anders als in der Vergangenheit hielt sich die Polizei an diesem Tag zurück und begleitete die Demonstration nur mit wenigen Kräften. Auch eine durch den Jenaer Stadtjugendpfarrer Lothar König angemeldete Spontandemonstration in Heidenau verlief im Anschluss nach Polizeiangaben nahezu störungsfrei (Fotos 1 | 2).

In zahlreichen Redebeiträgen wurde die Sächsische Staatsregierung für ihre Politik der letzten Monate angegriffen. Vor dem Hintergrund der rechten Krawalle in Freital und Dresden war schon im Vorfeld der Demonstration von einem „kalkulierten Staatsversagen“ gesprochen worden. Die Verharmlosung von Rassismus als Asylkritik ist einer der Gründe, weshalb die Zahl von Übergriffen und Brandanschlägen in den letzten Monaten stark zugenommen hat. Zwar ist Dresden dabei nur ein Ort unter vielen, dennoch haben die vergangenen Monate die zentrale Bedeutung der Stadt in der Asyldebatte gezeigt. Die „gruppe polar“ kritisierte angesichts der aktuell geführten Diskussionen in ihrem Redebeitrag die verdrängte globale Krise von Ökonomie und Ökologie: „In der Hetze gegen sogenannte Armutsflüchtlinge kommen Rassismus und Sozialchauvinismus am deutlichsten zusammen: Bürger_innen und Arbeiter_innen protestieren nicht gegen Austeritätspolitik, Kürzungen, Wettbewerbszwang. Sie fordern nicht Sozialpolitik ein oder das Ende des Spardiktats. Hemmungslos neidisch und empathielos projizieren sie ihre Abstiegsängste auf Menschen, die ihnen fremd sind.“ Während deutsche Rüstungsausgaben bereits im ersten Halbjahr diesen Jahres das Niveau des Vorjahres erreicht haben und Deutschland damit direkt für die kriegerische Destabilisierung genau der Regionen verantwortlich gemacht werden kann, aus der aktuell Menschen fliehen, richtet sich der „wütende Protest der deutschen Mitte“ vor allem gegen geflüchtete Menschen.

Bevor etwa 400 Menschen am Abend noch weiter nach Heidenau fuhren, um wie schon am Vortag den notdürftig in einem verlassenen Baumarkt untergebrachten Menschen einen Besuch abzustatten, bildeten das Rapduo von Zugezogen Maskulin und Max Herre den musikalischen Abschluss an diesem ausgesprochen erfolgreichen Tag. Abgesehen von einigen wenigen Menschen, die am Straßenrand versuchten, die Demonstration zu provozieren, zeigte sich eine übergroße Mehrheit am Samstag solidarisch mit allen geflüchteten Menschen. Entsprechend positiv fiel auch das Fazit von „Dresden Nazifrei“ aus. Obwohl sich die besonderen sächsischen Verhältnisse, in denen PEGIDA und die Alternative für Deutschland (AfD) als „geistige Wegbereiter“ der Ausschreitungen von Freital, Dresden und Heidenau unbehelligt rassistische Parolen verbreiten dürfen, nicht so einfach ändern werden, hätten am vergangenen Wochenende hunderte Antifaschistinnen und Antifaschisten gezeigt, dass es auch in Sachsen Menschen gibt, die dem nicht unwidersprochen zusehen. Es war ein buntes und lautes Signal, welches die Sächsische Landeshauptstadt am Samstag ausgesendet hat. Die Hoffnung bleibt, dass nach den politischen Lippenbekenntnissen der letzten Woche endlich auch ein Umdenken in der Landespolitik stattfindet, damit es auch in Dresden in Zukunft heißt: Refugees Welcome!


Veröffentlicht am 31. August 2015 um 12:09 Uhr von Redaktion in Antifa

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