Erster Prozess gegen Hausbesetzer:innen in Dresden endet mit milden Urteil
5. Juni 2020 - 14:06 Uhr - 2 Ergänzungen
Am vergangenen Mittwoch kam es im Amtsgericht Dresden zum zweiten Prozesstermin gegen zwei der Besetzer:innen des Putzi Hauses auf der Königsbrücker Straße. War die erste Verhandlung noch vertagt wurden, fand der Prozess diesmal ein schnelles Ende. Mit einer Verwarnung wählte der zuständige Richter die geringstmögliche Strafe. Ungeachtet dessen werteten die Besetzer:innen das Urteil als Erfolg, kritisieren jedoch weiterhin die politische Motivation der für den Fall zuständigen Staatsanwaltschaft.
Erneut versammelten sich dutzende Unterstützer:innen der Hausbesetzung vom Januar diesen Jahre vor dem Gerichtsgebäude. Wie auch beim ersten Prozesstag wollten mehrere Aktivist:innen den Prozess auch im Gerichtsaal solidarisch begleiten. Dies war jedoch nur bedingt möglich, da der Raum eher einer „Abstellkammer“, als einem Gerichtsaal glich, wie die Besetzer:innen gegenüber addn.me berichteten. Nur vier Sitzplätze hätten zur Verfügung gestanden, was angesichts des großen öffentlichen Interesses beim letzten Prozesstermin eine Frechheit sei. Erst auf Drängen der anwesenden Besucher:innen seien schließlich noch drei weitere Stühle geholt worden.
Da der Prozesstermin nur auf eine halbe Stunde angelegt war, ging es im Saal schnell los. Durch die Verteidigung der Besetzer:innen wurde mehrmals eine Einstellung oder Freispruch gefordert, da die offen gelegten Grundbuch-und Handelsregisterauszüge klar dafür sprächen, dass nur die Dental Kosmetik GmbH Eigentümer:in und Hausrechteinhaber:in ist. Den Räumungsbefehl habe aber damals der Strafantragssteller Felix Lukasch von der ARGENTA Group erteilt. Die Vollmacht für das laut Besetzer:innen 10 Millionen Euro teure Grundstück soll dabei mündlich erfolgt sein. Die Verteidigung wollte daraufhin den Geschäftsführer beider Firmen Helmut Röschinger vorladen, was jedoch vom Richter abgelehnt wurde. Stattdessen wurde ein von ihm verfasster Brief verlesen, welcher Felix Lukasch die Vollmacht zusicherte. Der Richter lies dies als Beweismittel gelten, sodass eine Einstellung nicht mehr möglich gewesen sein soll.
In seinem Plädoyer beharrte Staatsanwalt Thürmer weiterhin darauf, dass der Tatvorwurf erwiesen und es zu hohen Sachschaden während der Aktion gekommen sei. Er forderte 100 Tagessätze à 10 Euro. Nachdem die Verteidigung einen Freispruch forderte, wurde das letzte Wort von einem der Angeklagten verlesen. Darin wurde noch einmal auf eine Email Bezug genommen, welche im Vorfeld durch den Verein Elixier an die ARGENTA Group geschickt worden war. In dieser hatte der Verein einige Zielstellungen der Gruppe verdeutlicht und noch einmal klargestellt, dass es in Dresden kaum noch mit legalen Mitteln möglich sei, an Grundstücke zu kommen.
Mit einer Verwarnung und 200 Euro Geldstrafe, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde, wählte der Richter das für ihn mildeste Mittel. Die Besetzer:innen zeigten sich erfreut über das Urteil. „Wir sind mit dem Urteil auf jeden Fall ganz zufrieden. Als Opossum und Koala rauskamen, gab es große Freude und es wurde angestoßen“, so die Aktivist:innen gegenüber addn.me. Wer die Prozesskosten übernehmen wird ist bisher ebenso unklar, wie die Frage, ob die Staatsanwaltschaft Widerspruch gegen das Urteil einlegen wird.
Der nächste Ärger steht jedoch schon im Haus. Nur wenige Tage nach der Urteilsverkündung hatte die Staatsanwaltschaft verlauten lassen, dass gegen zwölf weitere Hausbesetzer:innen Anklage wegen Hausfriedensbruch gestellt worden sei. Dabei handelt es sich jedoch nicht um die Besetzung des Geländes auf der Königsbrücker Straße, sondern eines Hauses am Basteiplatz in Dresden-Striesen.
Dieses war im vergangen Sommer zeitgleich mit der stattfindenen Großdemonstration Unteilbar besetzt und am Ende des Tage mit einem Großaufgebot der Polizei wieder geräumt worden. Den Besetzer:innen wird dabei vorgeworfen, durch das Bauen vor Barrikaden im Haus einen Sachschaden von mehreren tausend Euro verursacht zu haben. Die Aktivist:innen halten allerdings dagegen und warfen der Polizei vor, mit äußerster Grobheit vorgegangen und zum Beispiel Fenster mutwillig zerstört zu haben. Über die Zulässigkeit der Anklage muss jetzt ebenfalls das Amtsgericht Dresden entscheiden.
Ungeachtet der neuesten Entwicklungen zeigten sich die Besetzer:innen erfreut über das Ende des ersten Prozesses. „Wir sind froh, dass der Prozess vorbei ist. Es gibt viel zu tun in dieser Stadt und jetzt machen wir auf jeden Fall weiter“, kündigten sie gegenüber addn.me an.
Bild: Protestfotografie Dresden (Bild vom 18. mai 2020)
Veröffentlicht am 5. Juni 2020 um 14:06 Uhr von Redaktion in Freiräume