Nazis

Razzia nach Verbot von Reichsbürger:innen in Dresden

28. März 2020 - 16:17 Uhr

Während die Corona-Pandemie inzwischen allerorten die Nachrichtenlage bestimmt, gelang den Ermittlungsbehörden in der vergangenen Woche ein Schlag gegen die Reichsbürger:innenszene. Bei bundesweiten Razzien gegen den Verein „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ stellte die Polizei mehrere Waffen sicher. Auch in Sachsen kam es zu Hausdurchsuchungen. In Dresden sollen die eingesetzten Beamt:innen dabei Medienberichten zufolge mit einem Luftgewehr bedroht worden sein.

Am 19. März durchsuchten rund 400 Beamt:innen die Wohnungen von 21 Tatverdächtigen in zehn Bundesländern. Die Razzien richteten sich nach Informationen des Bundesinnenministerium (BMI) gegen führende Mitglieder des Vereins  „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ sowie deren Teilorganisation „Osnabrücker Landmark“. Vorangegangen war eine am gleichen Tag in Kraft getretene bundesweite Verbotsverfügung durch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Entsprechend einer  Erklärung zu den Verbotsverfügungen würde die Vereinigung „rassistische und antisemitische Schriften verbreiten“. Seehofer zufolge bringe die Organisation dabei „durch Rassismus, Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus ihre Intoleranz gegenüber der Demokratie zum Ausdruck und verstoße damit gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung.“

Bei dem Verein „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ handelt es sich um eine Vereinigung der sogenannten Reichsbürger:innenbewegung. Einem rechten Splittermilieu, welches jedoch in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung innerhalb rechter Strukturen gewann. Immer wieder gibt es auch Überschneidungen mit der Prepper-Szene, welche sich auf einen sogenannten Tag X vorbereiten. In Zeiten des gesellschaftlichen Ausnahmenzustandes, wie aktuell im Zuge der Corona-Pandemie, kann von dieser Mischszene eine enrome Gefahr ausgehen. Besonders ihr hohes Gewaltpotential macht Behörden und Beobachter:innen der Szene immer wieder Sorgen. 2012 fesselten 14 Personen des sogenannten Polizeihilfswerks im Landkreis Meißen einen Gerichtsvollzieher und sperrten ihn über mehrere Stunden in einem Keller ein. Gegen die Mitglieder der Gruppe war anschließend ergebnislos wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ ermittelt worden, das Verfahren wurde durch die Staatsanwaltschaft 2015 eingestellt. 

Im Jahr darauf erschoss am 19. Oktober 2016 der der Reichsbürger:innenszene anhängige Wolfgang Plan einen SEK Beamten, bei dem Versuch, dessen Waffen zu beschlagnahmen. Als Reaktion auf die politische Debatte nach dem Tod des Beamten kündigte der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) eine Beobachtung der rechten Sammelbewegung durch den Verfassungsschutz an. Inhaltlich stellen Reichsbürger:innen die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland in Frage und gehen davon aus, dass diese immer noch ein besetzter Staat wäre. Das Weltbild der Reichsbürger:innen ist dabei geprägt von Antisemitismus, Rassismus und Verschwörungstheorien.

Auch bei den Durchsuchungen in der vergangenen Woche fanden die Beamt:innen erneut Waffen. Laut Bundesinnenministerium wurden „Schusswaffen, Baseballschläger, Propagandamaterialien sowie geringe Mengen Betäubungsmittel sichergestellt“. Wie jetzt bekannt wurde, gab es auch in unmittelbarer Nähe zur Sächsischen Landeshauptstadt mehrere Razzien gegen die Gruppierung. In einem Vorort von Dresden wurden die Beamt:innen dabei von einer älteren Frau bedroht, die ein Luftgewehr auf die Einsatzkräfte richtete. Darüber hinaus beschlagnahmten die Polizist:innen bei der Durchsuchung eines Objektes in Dresden ein japanisches Kampfschwert. Insgesamt durchsuchten die Einsatzkräfte in Sachsen Wohnorte in Dresden, Radebeul und dem Lawalder Ortsteil Kleindehsa.

Bereits im letzten Jahr waren in Dresden und Wilthen Objekte von Reichsbürger:innen durchsucht worden. Das Ziel der Ermittler:innen damals war ein so genanntes „Verkehrsamt“ des Bundesstaat Sachsen. Dort hatten ein zum damaligen Zeitpunkt 66-Jähriger und eine 48 Jahre alte Frau falsche Führerscheine ausgestellt. Gegen die beiden wird wegen Anstiftung zum Verstoß gegen die Haftpflichtversicherungspflicht und zur Kraftfahrzeugsteuerhinterziehung ermittelt. Der Hauptverdächtige Claus-Dieter Claußnitzer war bereits im Vorfeld als Redner bei PEGIDA aufgefallen. Auch am diesjährigen 15. Februar hatte sich Claußnitzer am rechten „Trauermarsch gegen das Vergessen“ in Dresden beteiligt. Das zeigt, wie eng die Reichsbürger:innenszene in der extremen Rechten vernetzt ist.

Foto: https://twitter.com/Onkel_Muttu/status/1129688085552345088


Veröffentlicht am 28. März 2020 um 16:17 Uhr von Redaktion in Nazis

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