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Steuergeld für Biedenkopfs Tagebücher

23. März 2016 - 02:06 Uhr - 2 Ergänzungen

Nach der Veröffentlichung der Tagebücher des früheren Sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU) werden Vorwürfe laut, wonach der Freistaat für die Aufarbeitung und die Publikation der Bücher an die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) einen „nicht rückzahlbaren Zuschuss“ in Höhe von 307.900 Euro gewährt hat. Das geht aus einer Pressemitteilung der Linken hervor. Dass die Vorwürfe nicht aus der Luft gegriffen sind, zeigt nicht nur das Vorwort des ersten Bandes, in dem Biedenkopf Sachsens Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU) für dessen Unterstützung dankt, sondern vor allem die Antwort der Staatsregierung auf eine Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten André Schollbach (Die Linke). Bereits im Oktober vergangenen Jahres hatte das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ als erstes über die zweifelhafte Finanzierung der Tagebücher berichtet. Sachsen, so behauptete ein Regierungssprecher damals, habe „ein hohes staatspolitisches Interesse“ daran, diese „für die zukünftige sächsische Geschichtsschreibung bedeutsame Quelle“ einer „breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen“.

Auf mehrere Fragen Schollbachs antwortete der Staatsminister und Chef der Staatskanzlei Fritz Jaeckel lediglich damit, dass „der Wunsch des ehemaligen Ministerpräsidenten, Prof. Kurt Biedenkopf, dessen persönliche Aufzeichnungen nach wissenschaftlicher Aufbereitung für eine Publikation vorzubereiten“ Tillich bekannt gewesen sein soll. Der Parlamentarier der Linken hatte unter anderem wissen wollen, „durch welche konkreten Handlungen oder Maßnahmen“ Sachsens derzeitiger Ministerpräsident das Erscheinen der im Siedler-Verlag veröffentlichten Tagebuchreihe des CDU-Politikers Biedenkopf „befördert oder sonst beeinflusst“ hat. Auch die Beantwortung der Frage, inwieweit Tillich „mit der Entscheidung bzw. deren Vorbereitung, Finanzmittel des Freistaates Sachsen für die im Siedler-Verlag erschienene Tagebuchreihe […] aufzuwenden, befasst“ war, blieb die Staatsregierung schuldig.

Doch was hat die Regierung eigentlich zu verbergen? Um festzustellen, ob der Landtagsabgeordnete von der Staatsregierung in seinem verfassungsmäßigen Recht (Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 SächsVerf) verletzt worden ist, hat er am Verfassungsgerichtshof (VGH) in Leipzig einen „Organstreitantrag“ gegen die Staatsregierung eingereicht. Das so genannte „Frage- und Auskunftsrecht“ von Abgeordneten sieht eine „unverzügliche und vollständige“ Beantwortung aller parlamentarische Anfragen durch die Staatsregierung oder ihre Mitglieder im Landtag und in seinen Ausschüssen vor. Erst kürzlich hatte der Verfassungsgerichtshof in drei ganz ähnlichen Fällen entschieden, dass die Staatsregierung mehrere Landtagsabgeordnete in ihrem parlamentarischem Frage- und Auskunftsrecht verletzt habe.

„307.900 Euro wurden für die Tagebücher ausgegeben – der Gegenwert zweier schicker Einfamilienhäuser. Trotz der angespannten Finanzlage, die der CDU-Finanzminister stetig betont, wurde hier mal eben das Tagebuch für einen früheren CDU-Politiker aus öffentlichen Kassen finanziert. Offenbar will die CDU ihr angekratztes Image auf Staatskosten aufpolieren. Das ist schwarzer Filz in Reinkultur. Deshalb werde ich nicht locker lassen und für Aufklärung sorgen.“ André Schollbach in seiner Pressemitteilung zur Klageerhebung

Wenige Tage nach einer Zusammenkunft von Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) mit Vertretern von PEGIDA hatte Schollbach den Ort und die Namen der an dem Treffen beteiligten Personen wissen wollen. In seinem Urteil hatte der Verfassungsgerichtshof später sowohl eine formelle, als auch eine materielle Verletzung des Auskunftsanspruchs durch die Staatsregierung festgestellt. Die einer Beantwortung der Frage „entgegenstehenden Rechte Dritter könnten angesichts des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts und Antwortanspruchs nicht durch „freigiebige“ Zusicherung der Staatsregierung oder ihrer Mitglieder begründet werden.“ Neben Schollbach hatte der VGH in seinen am 28. Januar ergangenen Urteilen auch das Frage- und Auskunftsrecht von Kerstin Köditz und Juliane Nagel gestärkt.

Lesenswerter Artikel zu den Tagebüchern: Sachsens Aufbaugeschichte – ohne Neonazis


Veröffentlicht am 23. März 2016 um 02:06 Uhr von Redaktion in News

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