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Das Alkoholverkaufsverbot in der Neustadt steht vor dem Aus

18. März 2016 - 00:16 Uhr

Die Kreuzung Rothenburger Straße Ecke Louisenstraße in der Dresdner Neustadt. Bekannt auch als Krawalle oder Schiefe Ecke.

In der Neustadt hat der Ortsbeirat am Montag mit großer Mehrheit für eine Aufhebung des im April 2007 in Kraft getretene Alkoholverkaufsverbot gestimmt. Mit Ausnahme der CDU, stimmten alle der im Ortsbeirat vertretenen Parteien nicht nur dem Antrag von SPD, Grünen und Piraten, sondern auch einem Ergänzungsantrag der Linken zu, die vor der noch ausstehenden endgültigen Abstimmung im Dresdner Stadtrat eine Einwohnerversammlung zum Thema veranstalten wollen. Die seit 2007 geltende Polizeiverordnung sah vor, dass sowohl Kneipen, als auch Spätshops in der Äußeren Neustadt Freitags und Samstag zwischen 22 Uhr und 5 Uhr morgens keinen Alkohol für die Straße verkaufen dürfen. Die Verordnung würde im nächsten Jahr planmäßig auslaufen.

Bereits im Dezember 2006 galt ein befristetes Alkoholverkaufsverbot in der Äußeren Neustadt. Schon damals umfasste der Geltungsbereich jene Straßen, die später in der 2007 verabschiedeten Polizeiverordnung als Grenze übernommen wurden. Als Reaktion darauf hatten mehrere Betreiber von Spätshops einen Aussetzungsantrag gestellt, der vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht jedoch abgelehnt wurde. Das Verbot war damals von der Polizei damit begründet worden, dass „gewaltbereite Personen und – wie beabsichtigt – deren Gewaltbereitschaft mit zunehmender Alkoholisierung verringert werden könne“. Zwar habe das Verkaufsverbot auch nach Auffassung des Gerichtes für die Antragssteller zu wirtschaftlichen Verlusten geführt, dennoch seien die Verluste nicht existenzgefährdend gewesen. Zudem hätten die Gewerbetreibenden sich auf die neue Verordnung einstellen können.

Die Ursache für das 2007 erlassene Verbot zu Lasten von vor allem einkommensschwachen Menschen war eine angeblich gestiegene Zahl von Beschwerden über nächtliche Ruhestörungen an einigen neuralgischen Punkten. Als dann schließlich vor dem Neustädter Kulturzentrum Scheune eine Mülltonne brannte, waren sich Politik und Polizei endgültig darin einig, den Verkauf von Alkohol in den Nachtstunden der Wochenenden zu verbieten. Seitdem kontrollierte das Dresdner Ordnungsamt die Einhaltung der Polizeiverordnung. Während Jugendliche und Feierlaunige das Verbot häufig damit umgehen, indem sie ihren Alkohol einfach mit ins Viertel bringen, konnte auch Polizei-Pressesprecher Thomas Geithner gegenüber der Sächsischen Zeitung „einen Zusammenhang zwischen Ausschankverbot und der Straftatentwicklung […] weder mit Erfahrungen noch mit Statistiken“ belegen.

Gebt das Bier frei! (Quelle: Neustadtpiraten)In ihrem im Dezember 2015 eingereichten interfraktionellen Antrag begründeten SPD, Grüne und Piraten das Vorhaben mit einer „Benachteiligung der Gewerbetreibenden in der Äußeren Neustadt gegenüber dem nahen Umfeld“. Während der Neustädter Stadtrat Vincent Drews (SPD) von einer „deutlich veränderten Situation in der Neustadt“ und einer Benachteiligung von Spätshops sprach, bezeichnete der Grüne-Stadtratsabgeordnete Johannes Lichdi die Polizeiverordnung als „reine Symbolpolitik“. Mit der Abschaffung des Verkaufsverbotes wolle nicht nur seine Partei, sondern auch die SPD eines ihrer Wahlversprechen einlösen. Am 14. April werden nun die Mitglieder des Stadtrates entscheiden, ob das Verkaufsverbot möglicherweise schon im Mai aufgehoben wird.

Erst kürzlich hatten sich in einer nicht repräsentativen Umfrage der Linken rund 70% für ein Ende des Verbotes ausgesprochen. Insgesamt hatten sich 337 Menschen an der Aktion beteiligt. Die größte Zustimmung kam mit 77% von den Personen, die außerhalb des Party- und Kneipenviertels wohnen, die Zustimmung bei den Bewohnerinnen und Bewohnern des Viertels lag mit 63% darunter. Die Partei hatte für das Stimmungsbild 7.000 Postkarten verteilt und eine Onlineseite geschaltet. Wie die Ergebnisse der Befragung zu bewerten sind, zeigt eine zweite Umfrage des Gewerbe- und Kulturvereins Dresden Neustadt. Darin hatten sich per Post bzw. E-Mail rund 70 Prozent für eine Beibehaltung ausgesprochen. Bei den auf der Straße befragten Personen war das Ergebnis gespalten.

Bericht von der Sitzung des Ortsbeirates: Schon ab Mai ist das Bier frei


Veröffentlicht am 18. März 2016 um 00:16 Uhr von Redaktion in Freiräume, Kultur

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