Freiräume | Kultur

Prozessbeginn wegen Hausbesetzung

29. Januar 2013 - 14:48 Uhr

Nach Angaben des Libertären Netzwerkes beginnt am Mittwoch in Dresden der Prozess gegen mehrere Menschen, die im März 2009 ein bis heute leerstehendes Gebäude der Deutschen Bahn im Dresdner Hechtviertel besetzt hatten. Nur sieben Stunden nach dem Beginn der Besetzung stürmte eine Einsatzhundertschaft der Polizei das Gebäude, zerstörte das Inventar und nahm von den insgesamt 18 im Haus verbliebenen Personen die Personalien auf. Während der Räumung wurden mindestens drei Menschen durch Hundebisse verletzt, eine Person erlitt durch Schläge von Beamten eine Kopfverletzung.

Die jungen Leute, die wenige Stunden zuvor das Haus in der Hechtstraße 7 besetzt und Transparente aufgehangen hatten, wollten mit ihrer Aktion auf die Notwendigkeit selbstverwalteter und unkommerzieller Freiräume aufmerksam machen. Dazu informierten sie die angrenzende Nachbarschaft mit Briefen, Flugblättern und Aushängen über die Stadtentwicklung Dresdens und ihre Auswirkungen auf einkommensschwache Teile der Bevölkerung. Gleichzeitig boten sie für wenige Stunden interessierten Menschen die Möglichkeit, in den Räumlichkeiten gemeinsam zu reden, feiern und zu kochen. Als aus Rücksicht auf die umliegenden Häuser um 22 Uhr ein kostenloses Konzert beendet worden war, sperrte Polizei die Straßen des Viertels ab und stürmte unter Begleitung eines Polizeihubschraubers ohne Vorankündigung das Gebäude.

Auch eine Solidaritätsdemonstration gegen den überzogenen Polizeieinsatz durch die Dresdner Innenstadt, wurde am Folgetag von einem großen Polizeiaufgebot begleitet. In den Wochen und Monaten nach der gescheiterten Besetzung, kam es in Dresden immer wieder zu spontanen Hausbesetzungen und nächtlichen Protestaktionen wegen der freiraumfeindlichen Politik in der Stadt und dem rigorosen Vorgehen der Polizei gegen Protestaktionen. Mittlerweile stehen nach Einschätzung des Libertären Netzwerkes mehrere unkommerzielle Projekte in Dresden vor dem Aus. Das betrifft im Augenblick nicht nur den an der TU Anfang Januar wiederbesetzten universitären Freiraum „KOK16“, sondern auch zahlreiche Wohn- und Kulturprojekte wie die Praxis in Löbtau, die Robert-Matzke-Straße 16 und den Freiraum Elbtal in Pieschen sowie das Stadtteilprojekt friedrichstadtZentral.

Inzwischen wurden einige der Verfahren wegen Hausfriedensbruchs auf Grund des Alters der Angeklagten vom Gericht gegen Auflagen eingestellt. Morgen jedoch beginnt der Prozess gegen eine zweite Gruppe von ehemaligen Besetzerinnen und Besetzern vor dem Dresdner Amtsgericht. Die Betroffenen sehen in dem bevorstehenden Prozess den politischen Versuch, Teile der Dresdner Freiraumbewegung auszuleuchten und einzuschüchtern.

Video von einer Hausbesetzung in der Liststraße 8 im Mai 2010:


Veröffentlicht am 29. Januar 2013 um 14:48 Uhr von Redaktion in Freiräume, Kultur

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