Freiräume | Kultur

Rückblick der Freiraumaktivitäten 09

23. März 2010 - 09:31 Uhr

Im deutschsprachigen Raum wird der Ruf nach selbstverwalteten Häusern und Plätzen immer lauter. Auch in der kleinen Provinzhauptstadt Dresden ging dieses Jahr so einiges, hier ein kleiner Rückblick. Die Freiraum- und Hausbesetzer_innenbewegung in Dresden war in diesem Jahr so aktiv wie seit den 90ern nicht mehr. Insgesamt 8 mal wurden Häuser offen besetzt, daneben kam es wie jedes Jahr zu einer Vielzahl stiller Besetzungen. Um die Bevölkerung auf die politischen Missstände und den Unmut bezüglich fehlender Wohn- und Projektflächen aufmerksam zu machen, wurden weiterhin 5 Demonstrationen durchgeführt, bei denen die größte immerhin 1000 Menschen (zum größten Teil Dresdner_innen) auf die Straße brachte. Aber auch inhaltliche Arbeit wurde nicht vernachlässigt, so gab es mehrere Vorträge und einen Infotag mit 6 Workshops. Darüber hinaus wurde fleißig an Artikeln, Infoständen, Radiointerviews und Informationsaufbereitung gearbeitet, außerdem wurden annähernd 10000 Flugblätter verteilt. In diesem Artikel soll eine kleine Chronik der einzelnen Aktionen abgebildet werden, ausführlicher (mit Bildern und Textausschnitten) findet ihr alles in der Chronik 2009.

Samstag 21.03. Gegen 14:30 Uhr wird die friedliche Besetzung öffentlich. Es gibt Vokü, Musik, einen Infostand, einen Chill-Out-Bereich und eine Kunstinstallation. Als es Dunkel wird verlagert sich die Party in das Erdgeschoss, zwei Punkbands treten auf. Gegen 22 Uhr stürmt die Polizei, ohne Vorwarnung das Haus. Im Erdgeschoss kommt es von Seiten der Polizei zu Tritten und Schlägen, eine Unterstützer_in erleidet eine Gehirnerschütterung. Desweiteren werden die Personalien von 12 Personen festgestellt, diese sollen nun wegen schweren Hausfriedensbruch angeklagt werden. Weitere 6 Menschen werden vom Dach des Hauses abgeführt, auch hier kommt es zu Beleidigungen, Schlägen und Tritten. Wie im Erdgeschoss werden auch die Besetzer_innen auf den Boden geworfen und mit Kabelbinder gefesselt. Auch sie werden angeklagt. Im Gerangel vor dem Haus werden außerdem 3 Sympathisant_innen von einem Polizeihund gebissen.

Samstag/Sonntag 21./22.03. Die Feuerwehr muss 16 mal aufgrund brennender Papiercontainer im Bereich der Dresdner Neustadt ausrücken. Es kommt außerdem zu der Umfärbung eines Polizeifahrzeuges und einigen Entglasungen.

Montag 23.03. Am Montag führten ca. 60 Besetzer_innen und Sympathisant_innen eine Spontandemonstration durch. Begleitet wurde die Demonstration von min. doppelt sovielen Beamt_innen und jeder Menge Schikane. So wurde den Teilnehmer_innen zunächst das demonstrieren auf der Straße untersagt. Es kam außerdem zu Rangeleien, Beleidigungen und zur Behinderung von Flugblatt verteilenden Menschen.

Donnerstag 26.03. Die Denkmäler, Bänke und „die Heinrich Schütz Residenz“ auf dem Neumarkt werden mit 200 Flugblättern verschönert, diese richten sich gegen den dort tagenden Kongress „Dresden auf dem Weg zur Metropole: stabile Prognose, steigende Preise, hohe Potenziale“. Dieser stellt einen weiteren Schritt zur menschenfeindlichen Stadtumstrukturierung von oben dar.

Samstag 28.03. 100 Menschen demonstrieren, teilweise verkleidet, mit bunten Transparenten, jeder Menge Lärm und Luftschlangen durch die Dresdner Neustadt. Es gibt vier Redebeiträge und es werden ca. 400 erklärende Flugblätter an Passant_innen verteilt.

Freitag 03.04. Im Alaunpark beginnt um 17 Uhr eine unangemeldete Freiraumparty mit über 100 Menschen, diese wird 21:30 Uhr von der Polizei aufgelöst. Am selben Abend findet ein Vortrag zum Thema Freiraumbewegung in Dresden statt.

Samstag 04.04. Von 19:30 Uhr bis 23 Uhr wird der Neumarkt zum Freiraumkino. 70 Menschen schauen zusammen „9 Tage hinter den Barrikaden“ und anschließend „Mainzer Straße“. Es werden 400 Flyer an Passant_innen verteilt und es kommt zu regem Austausch mit Sympathisant_innen der Besetzung.

Donnerstag 16.04. Als Reaktion auf die Räumung des besetzten Hauses in Erfurt wird ein Haus auf der Hoyerswerdaer Straße scheinbesetzt. Im Haus brennt Licht, Transparente hängen an der Fassade. Beobachter_innen zu Folge stürmen anschließend 40 Beamt_innen das menschenleere Haus. SZ, Morgenpost und Dresden Fernsehen berichten.

Freitag, 08.05. Ein Haus in der Tharandter Straße (Dresden Plauen) wird besetzt. Vor dem Haus sammeln sich ca. 20 Sympathisant_innen und verteilen Flugblätter. Gegen 1 Uhr des nächsten Tages stürmt die Polizei mit Leitern das Haus (auch Hunde sind im Einsatz), findet jedoch keine Besetzer_innen mehr vor.

Samstag, 23.05. Der AK Freiraum des Libertären Netzwerks Dresden veranstaltet eine Nachtanzdemo mit 600 Teilnehmer_innen. Auf der dreistündigen Veranstaltungen wird in Redebeiträgen auf Polizeiwillkür und kritische Aspekte der Freiraumthematik eingegangen. Außerdem werden 700 ausführliche Flugblätter verteilt werden.

Samstag, 06.06. Am Nachmittag findet eine Infoveranstaltung des AK Freiraum statt. Trotz Regen und geringer Mobilisierung finden sich ca. 40 Besucher_innen ein und lauschen einem Vortrag über Hausbesetzung, informieren sich am Büchertisch, schauen sich Filme zum Thema an und genießen veganes Essen für kleines Geld. Nach dem Ende des Infotag gegen 22 Uhr, setzen ca. 30 Freirauminteressierte das neue Wissen prompt in die Tat um und besetzen über Nacht ein Gebäude auf der Bautzner Straße. In den frühen Morgenstunden
verlassen die Aktivist_innen freiwillig das baufällige Gebäude, die aufgehangenen Transparente überdauern noch bis zum Morgen des 08.06. und werden dann von der Polizei abgehangen

Samstag/ Sonntag, 19./20.09. 1000 Menschen ziehen tanzend zur Musik von 8 Soundsystemen durch die Stadt. Während der 4,5 stündigen Demonstration werden 4 Redebeiträge verlesen und 3000 Flugblätter verteilt. In den Morgenstunden kommt es dann zu einer Hausbesetzung mit ca 20 Besetzer_innen und 60 Sympathisant_innen vorm Gebäude. Vor der Räumung um 5:30 Uhr fliehen alle Besetzer_innen bis auf zwei Aktivist_innen die sich im Haus angekettet haben. Diese werden vorübergehend in Gewahrsam genommen.

Freitag, 02.10. Als Entschuldigung für den nächtlichen Lärm während der Besetzung der Hechtstraße 7 organisieren Freiraum-Sympathisant_innen ein veganes Abendessen für die betroffenen Anwohner_innen.

Sonntag, 04.10. Im AZ Conni findet ein Infotag für alternative Freiräume statt. Auf 3 Infotafeln werden eine kleine Chronik der Dresdner Freiraumaktionen, theoretische Texte von Freiraumaktivist_innen und News von anderen Freiraumgruppen aus Köln, Wittenberg und Erfurt präsentiert. Auf dem Infotisch stehen neben verschiedenen Diskussionstexten auch eine Vielzahl von Büchern über Stadtentwicklung, Gegenkultur und Anarchismus bereit. Trotz Problemen bei der Mobilisierung kommen ca. 60 interessierte Menschen und bringen sich bei Workshops und Diskussionen zu Gewaltfreier Kommunikation, Rechtshilfe, Bezugsgruppen-Basics, Freiraum-Definition, Hausbesetzung und Lock-Ons ein.

Montag, 12.10. Das seit Anfang Juni still besetzte Haus „Burg Rattenstein“ wird nach einem Eigentümer_innenwechsel geräumt und versiegelt. Zum Gedenken treffen sich ca. 20 Menschen zu einer literarischen Hausbegehung einer seit Jahren leerstehenden Villa.

Donnerstag, 10.12. In der Praxis findet ein vom AK Freiraum organisierter Vortrag mit dem Titel „Wer ist dieser Freiraum?“ statt. Der von ca. 50 Menschen besuchte Vortrag gibt einen Überblick über Möglichkeiten, Anwendungsgebieten und Problemen der Freiraumpolitik.

Sonntag, 13.12. Im AZ Conni findet ein vom AK Freiraum organisierter Vortrag mit dem Titel „Freiräume/ Freiträume“ statt. Dabei wird zunächst die Kritik an Missständen in der Freiraumthematik vertieft und danach mit den 20 Zuhörer_innen diskutiert.

Mittwoch/ Donnerstag, 16./17.12. Als Reaktion auf das Eindringen bewaffneter Polizeikräfte in die basisdemokratische Freistadt Christiania besetzen ca. 50 Mensch gegen 20 Uhr die seit Jahren leerstehende Jägerstraße 22. Eine Wandzeitung wird angebracht, gefegt, Tranparente, die Öfen angeheizt und eine Feuertonne aufgestellt. Noch am selben Abend werden heiße Getränke und Essen von Unterstützer_innen vorbeigebracht um die Besetzung trotz – 15 C aufrecht zu erhalten. Am Mittag des nächsten Tages ziehen die Besetzer_innen nach Verhandlungen mit der Polizei ab, der Besitzer ist nicht verhandlungsbereit und erstattet Anzeige.

Um 18 Uhr versammeln sich ca. 70 Menschen auf dem Bischofsplatz zu einer Spontandemonstration, hierbei werden 400 Flyer verteilt. Anschließend wird in Löbtau ein Gebäude auf der Oederaner Straße besetzt. Ca. 30 Beamte der Polizei stürmen das Gebäude, treffen aber niemanden an, vor dem Haus kommt es zu Personalienfeststellungen.

Hier noch einige Hilfreiche Links:

akfdresden.blogsport.de – Bilder, Pressemitteilung und -spiegel.
anarchiadd.blogsport.de – News, Aufrufe, Artikel, alle erfassbaren Texte von Freiraumaktivist_innen und Besetzer_innen
deu.anarchopedia.org/Projekte:Hausbesetzung – Tipps zum selber besetzen

Quelle: Indymedia (14.01.10)


Veröffentlicht am 23. März 2010 um 09:31 Uhr von Redaktion in Freiräume, Kultur

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