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13.08.2009 Filmstart von „Die Partei“

11. August 2009 - 17:53 Uhr - 2 Ergänzungen

„Die Partei“

Wann? ab 13. August 2009
Wo? Thalia Dresden

Der vor knapp einer Woche auf einer Pressekonferenz vorgestellte Film des ehemaligen Chefredakteurs des Satiremagazins „Titanic“, Martin Sonneborn, steht ganz im Zeichen der aktuellen politischen Debatte um die fehlende Zulassung für mehrere kleinere Parteien zur kommenden Bundestagswahl Ende September. Zu den von den Entscheidungen des Bundeswahlleiters Roderich Egeler betroffenen Parteien zählt auch „Die Partei“.

Wir schreiben das Jahr 20 nach dem Fall der Mauer. Es herrscht Wirtschaftskrise. In den ruinierten westdeutschen Randgebieten wächst der Unmut über die neuen Bundesländer. Die Folgen von 20 Jahren unkontrollierten Transferleistungen von West nach Ost sind inzwischen deutlich sichtbar: Während in der Zone die höchste Spaßbaddichte Europas herrscht und die ostdeutschen Städte mit Designerstrassenbeleuchtung aufgemotzt werden, stürzen im heruntergewirtschafteten Westen, ganze Stadtarchive ein und auf den schlaglochübersäten Straßen sprießt das Unkraut.

Die Zeiten, als „das Merkel“ noch hinter der Mauer weggeschlossen war und die Bundesrepublik in voller Blüte stand, sind längst vorbei. Dem Westen geht es immer schlechter. Die ehemaligen Volksparteien SPD und CDU sind genauso handlungsunfähig wie die Spaßpartei FDP, einzig und allein Die PARTEI erhält weiter Zulauf, hat mittlerweile über 8200 Mitglieder. Ist sie Deutschlands letzte Rettung?!

So fing es an

Fünf Jahre zuvor: Als eine Forsa Umfrage ergibt, daß sich 21% der Bundesbürger den Wiederaufbau der Mauer wünschen und immer mehr Menschen die etablierten Volksparteien verlassen, gründet die TITANIC-Redaktion die Partei „Die PARTEI“.

Die Partei, so wird es wenig später auf dem ersten Parteitag der Partei „Die PARTEI“ der Ehrenvorsitzende der Partei „Die PARTEI“, Oliver Maria Schmitt, formulieren, ist „eine Partei völlig neuen Typs: Eine Partei, die immer recht hat, auch wo sie irren mag.“ Das einzige Ziel der Partei „Die PARTEI“ lautet: „Die endgültige Teilung Deutschlands, das ist unser Auftrag – Die PARTEI.“

Innerhalb weniger Monate gelingt es dem Charismatiker und Menschenfischer Sonneborn, Tausende Politikverdrossene – vom Studenten bis zum Bauunternehmer – für seine Bewegung zu mobilisieren. Uniform tragen die Parteimitglieder einen grauen 49-Euro-Polyester-Anzug von C&A. Die Partei wird zur Bundestagswahl 2005 zugelassen.

Geld

Um das Grundkapital der Partei zu erhöhen, und um die Voraussetzungen für den offiziell angekündigten populistischen und schmierigen Wahlkampf zu schaffen, beschließt der Parteivorstand, die eigenen Wahlwerbespots auf Ebay meistbietend zu versteigern. Während sich Wolfgang Bosbach (CDU) erregt und den Bundeswahlleiter für die Zulassung der PARTEI kritisiert, greift der Hannoveraner Billigflieger HLX zu: Die 25.000 Euro, die die TUI-Tochterfirma bezahlt, verschwinden erwartungsgemäß in dunklen Kanälen.

Für die HLX-Schleichwerbung in den Wahlwerbespots wird Die PARTEI vom ADC mit einem „Kreativpreis in Gold“ ausgezeichnet. Die Bundestagswahl dagegen geht mit Pauken und Trompeten verloren: 0,4 Prozent in Hamburg und Berlin – „Unser bestes Ergebnis seit Kriegsende!“ (Martin Sonneborn)

Innenpolitik

In ganz Deutschland entstehen jetzt Landesverbände der Partei „Die PARTEI“: Rücksichtslos gehen die Männer in grau auf Stimmenfang: auf der Straße, in Kneipen, in den Räumen der FDP-Bundestagsfraktion und in Altenheimen.

Außenpolitik

Und Die PARTEI macht Außenpolitik: Sonneborn reist mit 25 Parteigenossen in C&A-Anzügen nach Tiflis, Georgien, um erste außenpolitische Kontakte zu korrupten Systemen zu knüpfen. Er unterzeichnet einige wichtige Verträge mit Shalva Natelashwili, einem skrupellosen Oppositionspolitiker aus Georgien, und entschuldigt sich offiziell für den Bruch des Hitler-Stalin-Paktes vor über 60 Jahren.

Nach seiner Rückkehr gelingt es dem Politgenie Sonneborn, einen international operierenden Großkonzern für die Sache der Partei einzuspannen. Aus dieser Elefantenhochzeit entsteht das visionäre Politikmodell – für eine Zukunft mit Zukunft…

Quelle: Der PARTEI-Film


Veröffentlicht am 11. August 2009 um 17:53 Uhr von Redaktion in Kultur, News

Ergänzungen

  • Donnerstag, 13. August 2009
    (Sächsische Zeitung)

    Die Berliner Bananenrepublik
    Von Cornelius Pollmer

    Es ist Wahlkampf und alle machen mit. Der Satiriker Martin Sonneborn tritt mit einem Propagandafilm über seine Partei an. Sein Ziel ist die Teilung Deutschlands.

    Das andere Ich von Martin Sonneborn liegt zusammengeknüllt in einem Stoffbeutel im Berliner Eiszeitkino. Er hat es getauscht gegen eine graue, vollsynthetische Hülle, einen 50-Euro-Anzug aus dem C&A-Kaufhaus. Den trägt Sonneborn immer dann, wenn er in seiner politischen Funktion gefragt ist, und das ist er jetzt mehr denn je. Der Propagandafilm „Die Partei“ wird im Eiszeitkino den Medien vorgestellt. Sonneborn blickt ernst in die Runde und bittet um wohlwollende Kritiken: „Denken Sie daran: Wir werden niemanden vergessen, der uns den Weg an die Macht geebnet hat.“

    Es tobt der bunte Mob

    So ist der Sommer im Superwahljahr: Die einen wollen noch keinen Wahlkampf machen (CDU), die anderen können es gerade nicht so richtig (SPD). Stattdessen tobt der bunte Mob auf der politischen Bühne. Reale und fiktive Spaßparteien haben die Satire des politischen Betriebs als billiges Vermarktungsinstrument für sich entdeckt. Sie treiben ihre absurden Inszenierungen so weit, dass man mitunter vergisst, ob sie es vielleicht doch ernst meinen – oder nur spielen wollen. Martin Sonneborn ist ein Großmeister solcher Politsatire. Der ehemalige Chefredakteur der Satirezeitschrift „Titanic“ hat Die Partei gegründet, deren Hauptanliegen die „endgültige Teilung Deutschlands“ ist. Vor vier Jahren trat Die Partei das erste Mal zur Bundestagswahl an. Damals baute Sonneborn medienwirksam ein paar Meter Mauer zwischen Hessen und Thüringen wieder auf, und er verkaufte die gewährte TV-Wahlwerbung an eine Billigfluglinie.

    All dies ist dokumentiert im Film „Die Partei“, der heute anläuft und in dem „in bewährter Guido-Knopp-Manier zähe Zeitzeugen-Interviews von spektakulärem Doku-Material unterbrochen werden“, wie es im Werbetext heißt. Dass der Film im Vorfeld der Bundestagswahl anläuft, ist natürlich kein Zufall. Sonneborn wollte wieder zur Wahl antreten und auf dem Trittbrett surfend das Einspielergebnis seines Films verbessern.

    Der Bundeswahlleiter Roderich Egeler aber hat ihn auf die mangelnde Ernsthaftigkeit seines politischen Handelns hingewiesen und die Partei nicht zugelassen. Sonneborn wusste auch diese Niederlage zu nutzen. Er sagte: „Der letzte Wahlleiter in diesem Land, der derart undemokratisch mit kleinen Parteien umgesprungen ist, ist 1946 von einem alliierten Militärtribunal erschossen worden.“

    So ein Schein-Eklat garantiert Aufmerksamkeit. In genau solchen Situationen aber stellt sich auch die Frage, wie weit das Spiel gehen darf. Politik ist mitunter aus gutem Grund gar nicht lustig, etwa wenn es um das immer noch schwierige Verhältnis zwischen Alt- und Neubundesbürgern geht. Im Film ist zu sehen, wie Dresdner Bürger in ihrer Fußgängerzone zum Haudrauf gebeten werden. Sie sollen symbolisch mit einem Hammer Miniaturen der Frauenkirche zerbröseln, schließlich wolle man mit den Steinen die Mauer wieder aufbauen.

    Provokation und Empörung in Episoden, 90 Minuten lang. Das hat Längen, birgt aber auch faszinierend-verstörende Momente, immer dann, wenn Satire und Realität verschwimmen. So reiste Sonneborn mit einer 30-köpfigen Delegation nach Georgien und traf den Führer der größten Oppositionspartei des Landes. Die Herren unterzeichneten Verträge und das georgische Fernsehen berichtete in den Abendnachrichten. Diese Momente, wenn die Kunst in die Realität einbricht und sie verändert, sind besonders wertvoll. Auch andere Kunstfiguren vermögen solche Momente zu provozieren. Das musste Guido Westerwelle vergangene Woche erfahren, als ihm eine Frage gestellt wurde, mit der er nicht gerechnet hatte.

    Westerwelle will Schlämmer

    Ob er in einer Koalition lieber mit Trittin von den Grünen oder mit Horst Schlämmer zusammenarbeiten würde, fragte eine Moderatorin Herrn Westerwelle. Der Vorsitzender der FDP, ein bekannt guter Redner stockte, überlegte kurz, und sagte dann: „Bevor Jürgen Trittin Kanzler wird, bin ich für Horst Schlämmer.“

    Auch Schlämmer, die Figur Hape Kerkelings, hat ja eine Partei gegründet, allerdings eine fiktive. Die „Horst-Schlämmer-Partei“ (HSP) will bei keiner Wahl antreten, aber auch einen Film bewerben.

    Bei einer Pressekonferenz der HSP erreichte die Verwirrung in der Berliner Bananenrepublik kürzlich ihren Höhepunkt. Martin Sonneborn schlich sich mit seiner Kanzlerkandidatin kurz vor Beginn der Pressekonferenz Schlämmers aufs Podium, um seinerseits eine Pressekonferenz für den „Partei“-Film zu inszenieren. Die Schlämmer-Leute brauchten ein wenig, um die Situation zu verstehen – und untersagten dann die Satire der Satire.

    „Die Partei“ startet heute im Dresdner Thalia.

    http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2233056

  • Mittwoch, 19. August 2009
    (Sächsische Zeitung)
    Nachrichten

    Parteien wehren sich gegen Nichtzulassung zur Wahl

    Karlsruhe. Immer mehr kleine Parteien wehren sich vor dem Bundesverfassungsgericht gegen ihre Nichtzulassung zur Bundestagswahl. Gestern ging in Karlsruhe ein Eilantrag der von Mitarbeitern des Satire-Magazins „Titanic“ gegründeten politischen Vereinigung „Die Partei“ ein. Darin wird die Nichtzulassung durch Bundeswahlleiter Roderich Egeler als rechtswidrig angegriffen. Auch die „Freie Union“ der früheren CSU-Politikerin Gabriele Pauli will vor das Verfassungsgericht ziehen. (dpa)

    http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2238306

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