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Angriff auf Hausprojekt in Übigau

5. Oktober 2015 - 22:35 Uhr

Am Sonntagabend kam es im Stadtteil Übigau zu einem Angriff auf ein alternatives Wohnprojekt in der Overbeckstraße. Nach Darstellung von Bewohnerinnen und Bewohnern hatte gegen 20 Uhr eine Gruppe von etwa 10 vermummten Personen versucht, das Projekt anzugreifen. Nachdem einer der Angreifer auf das Grundstück gelangte, beschädigte er einen der Briefkästen des Hauses. Als jedoch Personen aus dem Haus die Gruppe bemerkten, flüchteten die Angreifer. Da sich etliche der in dem Hausprojekt wohnenden Menschen für Geflüchtete einsetzen und sich in der Öffentlichkeit immer wieder gegen Rassismus ausgesprochen haben, kam es seit der Blockade einer Turnhalle in der Thäterstraße zu offenen Anfeindungen und Provokationen. Statt den im Stadtteil ankommenden Geflüchteten mit Abwehr zu begegnen, will sich das Wohnprojekt dafür einsetzen, dass sich die Menschen in der neuen Umgebung zurechtfinden und akzeptiert fühlen.

Am Rande der Blockade war es in den letzten Tagen nicht nur zu Drohungen gegenüber anwesenden Journalisten sondern auch gegen Menschen gekommen, die Kritik an der Versammlung übten. Auch vor dem nicht weit davon entfernten Haus sei es währenddessen immer wieder zu Provokationen gekommen. Eine der Bewohnerinnen erklärte: „Wir sehen die erhöhte Aufmerksamkeit auf das Haus und den Angriff im direkten Zusammenhang mit der Präsenz von Neonazis und Rassisten an der Turnhalle. Entgegen der Behauptung der Blockierenden, es würde sich um eine friedliche Anwohnerversammlung handeln, werden von dort aus Andersdenkende bedroht und eingeschüchtert.“ Die Situation hat mittlerweile auch Folgen für den ganz normalen Alltag, wie ein Bewohner berichtet: „Wenn ich abends weggehe, vergewissere ich mich jetzt, dass keine Neonazis vor dem Haus auf mich warten. Wirklich gefährlich ist die Situation aber für meine Bekannten, die nicht typisch deutsch aussehen“.

Die Hausbewohnerinnen und Hausbewohner sehen ihre derzeitige Lage als „direkte Folge der Untätigkeit der Stadt und der Polizei gegenüber der Blockade an der Turnhalle. Da die nicht angemeldete rassistische Demonstration, die bereits Rettungskräfte an ihrer Arbeit hinderte, nicht einmal mehr durch Polizeistreifen beobachtet wird, können sich auch gewaltbereite Neonazis dort sammeln und ungehindert agieren“. Die erlebte Untätigkeit der Polizei verwundert sie allerdings kaum, so war sowohl in Freital, als auch in Heidenau das „sichtbar hohe Gewaltpotential rassistischer Versammlungen stark unterschätzt [worden]“. Da die sächsische Polizei auch nicht mehr gewillt zu sein scheint, die momentan verübten rechtsmotivierte Straftaten überhaupt zu ahnden und auch rassistische Meinungsäußerungen zunehmend auf gesellschaftliche Akzeptanz stoßen, herrscht in Sachsen inzwischen ein Klima, „in dem sich Rassisten ermutigt fühlen, ihren Ressentiments Taten folgen zu lassen und Übergriffe auf Andersdenkende oder anders Aussehende zu begehen“.


Veröffentlicht am 5. Oktober 2015 um 22:35 Uhr von Redaktion in Freiräume, Nazis

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