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Die Sächsische Justiz schlägt wieder zu

10. Dezember 2014 - 01:49 Uhr - 2 Ergänzungen

Nun also doch, fast fünf Jahre nach dem Scheitern eines Nazigroßaufmarsches in Dresden, hat das Dresdner Amtsgericht in der vergangenen Woche die Aufhebung der Immunität des vor wenigen Tagen neu gewählten thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Die Linke) beantragt. Das jedenfalls berichtete Spiegel Online am gestrigen Abend. Dem Politiker der Linken wird die „Sprengung einer Versammlung“ vorgeworfen, nach Auffassung der Staatsanwaltschaft soll sich Ramelow nicht nur dem Aufmarsch entgegengestellt, sondern die Proteste auch „maßgeblich initiiert“ haben. Am 13. Februar 2010 war zum ersten Mal der alljährliche Naziaufmarsch in Gedenken an die Opfer der Bombardierungen im Februar 1945 am Widerstand tausender Menschen gescheitert, die die Straßen um den Neustädter Bahnhof blockiert und einen Aufmarsch der rund 6.500 aus dem In- und Ausland angereisten Nazis verhinderten.

Schon einmal hatte Ramelow ebenso wie sein sächsischer Parteikollege André Hahn das Angebot der Staatsanwaltschaft ausgeschlagen, sein Verfahren gegen die Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 500 Euro einzustellen. Das Verfahren gegen André Hahn war zwei Jahre später vom gleichen Gericht ohne die Zahlung einer Geldbuße wegen Geringfügigkeit eingestellt worden. Die Ermittlungen gegen mehrere Politikerinnen und Politiker der Linken hatten begonnen, nachdem sächsische NPD-Landtagsabgeordnete Anzeige erstattet hatten. Daraufhin hatte sowohl in Thüringen, als auch in Sachsen eine Mehrheit der Mitglieder der Geschäftsordnungs- und Immunitätsausschüsse in beiden Landtagen, einer Aufhebung der Immunität zugestimmt, in Thüringen mit den Stimmen des jetzigen Koalitionspartners SPD.

Die erneute Aufnahme des Verfahrens passt zur aktuellen Situation in Sachsen und der Hetze, der sich gerade Politikerinnen und Politiker der Linken in der jüngsten Zeit ausgesetzt sehen. So hatten vor der Wahl zum thüringischen Ministerpräsidenten auf dem Domplatz in Erfurt mehrfach Abgeordnete von CDU, NPD und der frisch in den Thüringischen Landtag eingezogenen rechtspopulistischen „Alternative für Deutschland“ (AfD) mit „Stasi raus!“-Rufen gegen die neu gewählte rot-rot-grüne Landesregierung in Sachsens Nachbarland protestiert. Trauriger Höhepunkt der Proteste gegen eine Regierungsbeteiligung der Linken waren zerstochene Reifen, Drohanrufe und -briefe gegenüber Mitgliedern der Partei, in einem Fall waren die Radmuttern eines Privat-PKW gelöst worden.

Das Dresdner Gericht hatte, wie der Spiegel weiter berichtet, das Verfahren eigentlich schon am 14. April diesen Jahres gegen die Zahlung von 20 Tagessätzen à 170 Euro eingestellt. Anschließend hatte Ramelow jedoch Rechtsmittel eingelegt, da die Justizkasse seine Anwaltskosten nicht übernehmen wollte, und gewann. Jetzt, fast acht Monate später und wie der Zufall so will, zwei Tage vor der Wahl Ramelows zum Ministerpräsidenten, erreichte den Präsidenten des Parlamentes in Erfurt ein Brief des für das Verfahren zuständigen Amtsrichters Herbert Dietz, mit der Bitte um Aufhebung seiner Immunität als Abgeordneten. Der Politiker selbst reagierte befremdet auf den Antrag. „Angesichts der Pegida-Aufmärsche in Dresden sollte man meinen, dort seien ganz andere Probleme zu lösen“, sagte Ramelow gegenüber der Presse. Im besagten Jahr habe er nur versucht, zwischen der Polizei und den protestierenden Menschen zu vermitteln. Dies, so Ramelow weiter, gehe auch eindeutig aus den Ermittlungsakten hervor. Unterstützung bekam Ramelow von Parteikollegin Katja Kipping. Ihrer Ansicht nach führt die sächsische Justiz „einmal mehr eine Posse auf“. „Die Kriminalisierung“, so Kipping weiter, „friedlicher Anti-Nazi-Proteste ist empörend. Zivilcourage ist kein Verbrechen.“

Weiterer Artikel: Bodo Ramelow kritisiert sächsische Justiz


Veröffentlicht am 10. Dezember 2014 um 01:49 Uhr von Redaktion in Antifa

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