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Solidarisch gegen die Angst

20. August 2019 - 10:38 Uhr

Für den 24. August mobilisieren zivilgesellschaftliche und linke Aktivistinnen und Aktivisten aus der gesamten Bundesrepublik zu einer Großdemonstration nach Dresden. Eine Woche vor der Landtagswahl in Sachsen wollen Gewerkschaften, Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Seenotretter*innen, Klima-Aktivist*innen sowie mietenpolitische, queer-feministische, antifaschistische und antirassistische Initiativen die Unteilbarkeit ihrer Kämpfe demonstrieren und ein Zeichen gegen die rechte Politik der AfD setzen. Auch Dresdner linke Organisierungen und solidarische Initiativen beteiligen sich mit eigenen Demo-Blöcken oder Wägen.

Gemeinsam für eine Welt, in der wir ohne Angst verschieden sein können

e*vibes – für eine feministische Praxis rufen zu einem queeren und feministischen Block auf. Ihnen haben sich die Landesarbeitsgemeinschaft Queeres Netzwerk Sachsen, das Frauenbildungshaus, das Netzwerk Frauen*streik Dresden, das feministische DJ* Kollektiv Prozecco und der Gerede e.V. angeschlossen. e*vibes ist eine feministische, kapitalismuskritische und antiautoritäre Gruppe aus Dresden. Seit 2011 organisiert sie Vorträge und Workshops zu feministischen Themen. Mit Analysen und Kommentaren mischen sich die Aktivist*innen in aktuelle Debatten ein, organisieren Aktionen, Demonstrationen oder beteiligen sich an Kampagnen. Sie sind darüber hinaus in Netzwerken und Bündnissen wie Pro Choice Sachsen, dem feministischen Frauen*Streik-Netzwerk oder der Initiative Sex Workers Solidarity organisiert. Im queeren und feministischen Demoblock wollen e*vibes für Menschen- und Grundrechte für alle eintreten und dem Gegeneinanderausspielen verschiedener diskriminierter Gruppen eine klare Absage erteilen. Der 24. August ist eine wichtige Gelegenheit mit feministischen Forderungen präsent zu sein. Dazu zählt insbesondere vor dem Hintergrund reaktionärer Familienpolitik konservativer und rechter Parteien die Abschaffung der Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen. Die AfD hat Lebensentwürfen jenseits der heterosexuellen Norm den Kampf angesagt. Dem gilt es mit aller Deutlichkeit zu widersprechen. „Wir wollen mit vielen Menschen in unserem Block klarmachen, dass wir bereit sind, gegen den rechten, antifeministischen Backlash anzugehen und auch den Kapitalismus nicht von unserer Kritik ausnehmen. Wir wollen beweisen, dass eine gemeinsame, entschlossene, feministische Bewegung möglich ist.“ so eine Aktivist*in gegenüber addn.me. Für die Zeit nach der Landtagswahl rechnen die Aktivist*innen von e*vibes mit einer Zunahme von Diskriminierung von Minderheiten einerseits durch staatliche Repression. Andererseits wird auch der virulente Alltagssexismus und -rassismus durch den parlamentarischen Rückenwind weiter zunehmen. „Unter jeder Regierung, an der die AfD oder die sächsische CDU in irgendeiner Form beteiligt ist, wird mit autoritären und reaktionären Angriffen auf die Vielfalt in der Gesellschaft zu rechnen sein. Wir müssen uns weiter auf offene Repression gegen linke Strukturen und eine Zunahme des antifeministischen Backlashs einstellen. Wir werden gegen eine zunehmende Kriminalisierung von Migrant_innen und Geflüchteten kämpfen müssen. Auch mit einer zunehmenden Enthemmung und Normalisierung der von den Behörden zumeist konsequenzlos geduldeteten rechten Gewalt muss gerechnet werden.“ so die Einschätzung einer Aktivist*in von e*vibes.

Auch bundesweit organisierte feministische Bündnisse mobilisieren zu einer Teilnahme an der Unteilbar-Demonstration. Nicht ohne aber Kritik zu äußern: Das Bündnis drift – feminist alliance for communism kritisiert die Unterzeichnung und Beteiligung des Zentralrats der Muslime in Deutschland in ihrem Aufruf. Die Kritik richtet sich gegen Mitglieder im Zentralrat der Muslime u.a. die Deutsche Muslimische Gemeinschaft in Deutschland, ein Sammelbecken der islamistischen Muslimbruderschaft, sowie das Islamische Zentrum Hamburg, ein Sprachrohr des Mullah-Regimes im Iran. „Wir fragen uns, wie ein konsequenter Kampf gegen Homophobie, patriarchale Gewalt und Antisemitismus aussehen soll, wenn die Antisemit_innen, diejenigen, die Frauenrechte mit Füßen treten und die einen Hass auf Queers haben, in den eigenen Reihen stehen.“ Drift ruft daher neben der Teilnahme an der Unteilbar-Demonstration auch dazu auf, sich „den patriarchalen Männerbünden entgegen zu stellen, die uns die Luft zum Atmen nehmen“.

Solidarität verteidigen

Elf Lkw mit unterschiedlichenThemenschwerpunkten haben We’ll come united, das Tribunal ‚NSU-Komplex-auflösen‘ und die bundesweite Kampagne „Nationalismus ist keine Alternative“ angekündigt. Sie haben sich für den Parade-Power-Block „United against racism & fascism – Solidarität verteidigen“ zusammengeschlossen. Die lokale …umsGanze – Föderation – critique’n’act ist Teil der bundesweiten Kampagne Nationalismus ist keine Alternative und ist daher auch am Parade Power Block beteiligt. Kritisch sehen die  Aktivist*innen von critique’n’act die Beteiligung der SPD an #Unteilbar. Mit der Agenda 2010, den Asylrechtsverschärfungen der letzten Jahre und den neuen Polizeigesetzen habe die SPD ausreichend bewiesen, eben keine „Partei des gesellschaftlichen Zusammenhalts“ zu sein. Der Demonstration fern zu bleiben, kommt für die Antifaschistinnen und Antifaschisten dennoch nicht in Frage. „Wir wollen deutlich machen, dass der autoritären Formierung und dem neuen Faschismus nicht mit schönen Bildern und warmen Worten beizukommen ist, sondern mit Solidarität und antifaschistischem Selbstschutz. Wir wollen mit dem Solidarität-Verteidigen-Block aufzeigen, dass antirassistische und antifaschistische Initiativen nur zusammen erfolgreich sein können. Wir wollen klar stellen, dass Geflüchtete, Migrant*innen und Antifas zusammenstehen und kämpfen.“ Um diese Zusammenarbeit langfristig zu organisieren, haben sich migrantische, antirassistische und antifaschistische Organisationen unter dem Motto „Solidarität verteidigen“ zu einer Initiative zusammengeschlossen, die über die Unteilbar-Demonstration hinaus zusammenarbeiten wird.

Alle bleiben!

Der Parade-Power Block wird auch von lokalen Initiativen wie der Abschiebehaftkontaktgruppe Sachsen, NSU Watch Sachsen, dem Internationalistischen Zentrum Dresden und der Gruppe Gegen Antiromaismus Dresden mitorganisiert. Die Dresdner Gruppe gegen Antiromaismus wird sich am „Wagen gegen Abschiebungen“ beteiligen. Bildungarbeit zur Ideologie des Antiromaismus und die Unterstützung von Betroffenen gehört seit mehreren Jahren zum Aufgabenfeld der Initiative. Gegründet wurde sie 2011, um die Proteste von Romaaktivist*innen und tschechischen Antifaschist*innen gegen rechte Aufmärsche in Tschechien zu unterstützen. Der aktuelle Fokus der Initiative ist der Kampf gegen Abschiebungen, für Bleiberechte und Aufenthaltstitel von in Sachsen lebenden Rom_nja.

Die Länder des ehemaligen Jugoslawien gelten seit 2014/15 als so genannte sichere Herkunftsstaaten. Für Roma aus diesen Staaten, die dort jedoch diskriminiert und vielfach enteignet wurden, besteht daher keine Möglichkeit mehr auf eine individuelle Prüfung eines Antrages auf Asyl. Mit der zentralen Forderung: „Keine Abschiebungen“ beteiligt sich daher die Gruppe gegen Antiromaismus an der Unteilbar-Demonstration. „Alle bleiben! Keine Abschiebungen! Eine Zukunft für alle! Kinder sollen zur Schule gehen können, ohne Angst zu haben, sie abbrechen zu müssen und in ein Land, das sie nicht kennen abgeschoben zu werden. Vor allem die Menschen, die hier lange Zeit mit Duldungen gelebt haben, ohne dass ihr Status geklärt wurde oder werden konnte, Kinder und Jugendliche die hier aufgewachsen sind, sollen hier bleiben dürfen!“ so die Aktivistin gegenüber addn.me. Den Landtagswahlen sieht sie mit Sorge entgegen. Rom_nja wird schon heute sehr häufig rassistisch begegnet – bei Behörden, in der Schule, durch die Polizei, bei der Arbeits- und Wohnungssuche und im Alltag.

Gesundheit für alle statt krank gespart und Wohnraum für alle!

Das Gesundheitskollektiv Dresden lädt mit anderen Gesundheitsinitiativen wie dem Medinetz aus Leipzig und Dresden, den Kritischen Mediziner*innen aus Leipzig und Dresden und den feministischen Medizinstudierenden aus Leipzig zu einem Gesundheitsblock auf der unteilbar-Demonstration ein. Mit dabei sind außerdem die Poliklinikgruppe aus Leipzig sowie die bundesweite Organisierung der Poliklinikgruppen – das Poliklinik Syndikat.

Aktuell steht beim Gesundheitskollektiv Dresden noch die kritische Auseinandersetzung mit dem ambulanten Gesundheitssystem im Vordergrund. Langfristig plant die Initiative den Aufbau einer Poliklinik. In dieser soll Platz für eine solidarische Perspektive auf medizinische Versorgung und Gesundheitsfürsorge sein.

Ziel ist eine möglichst enge Zusammenarbeit mit den Menschen im Stadtteil. Weil das Gesundheitskollektiv für eine solidarische Gesellschaft eintritt, beteiligt es sich an der Unteilbar-Demonstration. „Denn auch im Gesundheitssektor regieren neoliberale Prinzipien und der Kontakt zu Patient*innen wird einer ökonomischen Rationale unterworfen. Wir wollen gemeinsam mit allen im Gesundheitssystem Beschäftigten gegen Abschottungs- und Abwertungsideologien Gesicht zeigen. Wir fordern ein Ende der Ökonomisierung der Gesundheitsversorgung! Gesundheit geht uns alle an, es gibt kein gesundes Leben im falschen System“ so eine Vetreterin des Kollektivsauf Nachfrage gegenüber addn.me.

Auch das Mietenwahnsinn stoppen! Bündnis Dresden mobilisiert zum Unteilbar-Block in der Unteilbar-Demonstration mit einem eigenen Aufruf. Weil die Krise des Wohnens eine der wichtigsten politischen und sozialen Fragen der Gegenwart ist, gehören die Mieter*innenkämpfe und die Kritik am kapitalistischen Wohnungsmarkt ebenfalls auf die Unteilbar-Demonstration: „Wir brauchen eine soziale Wende, Umverteilung und lebenswerte Städte für alle – unabhängig von Geldbeutel oder Herkunft! Solidarisch werden wir für unsere sozialen Rechte einstehen. Das Recht auf Stadt ist unteilbar!“ so eine Aktivistin gegenüber addn.me.

Das Schlußwort überlassen wir dem  …umsGanze-Bündnis, das ebenfalls einen Aufruf beigesteuert hat. Ganz am Ende heißt es dort: 

Habt keine Angst! Die Zukunft gehört uns, wenn wir kämpfen. Zusammen unteilbar, solidarisch antifaschistisch.


Veröffentlicht am 20. August 2019 um 10:38 Uhr von Redaktion in Antifa, Freiräume, Kultur, Soziales

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